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Stirbt Braille aus?

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Als Reaktion auf meinen letzten Blogbeitrag bekam ich heute auf Twitter die Frage gestellt, ob Braille ausstirbt. Meine kurze Antwort: Ich hoffe doch inständig, nein!

Die Frage

Die Frage stellte mir Moritz Gießmann auf Twitter:

Dazu mal ne allgemeine Gucki-Frage: glaubst du Braille stirbt langsam aus, im Zeitalter von Sprachausgabe- und erkennung? Ersetzt das eine überhaupt das andere?

Die Frage allein löste einen Sturm von Gedanken in mir aus, der definitiv nicht in ein oder zweimal 280 Zeichen passt.

Lesen bildet

Das ist nicht nur eine Volksweisheit, sondern stimmt tatsächlich. Ich halte Braille für Geburtsblinde für unersetzlich im Erwerb einer grundlegenden Bildung. Genauso wie für sehende Kinder das Lesen und Schreiben unersetzlich ist zum Vermitteln von Wissen, Sprache und Kommunikationsmöglichkeiten abseits des Sprechens und der Gestik und Mimik, gilt das auch für blinde Kinder.

Lesen und Schreiben ist Spracherfahrung. Nach dem Sprechen ist dies die wichtigste Form der Sprachwahrnehmung und Ausdrucksweise. Das geschriebene Wort hilft, Ordnung in chaotische Gedanken zu bringen, Gedanken verständlich zu formulieren und mitzuteilen. Das Lesen ist eine Form der Wahrnehmung der Gedanken anderer, die ganz anders funktioniert als gesprochene Sprache, weil man sie in seinem eigenen Rhythmus aufnehmen und durch mehrmaliges Lesen immer wiederholen kann.

Lesen und Schreiben sind unerlässlich beim Erlernen der eigenen Sprache und von Fremdsprachen. Nur durch das Lesen und Schreiben kann man ein Verständnis dafür entwickeln, wie Sprache strukturiert ist, wie alles miteinander zusammen hängt und wie wir auch unsere gesprochene Sprache im Lauf des jungen Lebens verfestigen, so dass wir uns später verständlich und „gebildet“ ausdrücken können.

Sprachausgaben ersetzen nicht das Lernen von Lesen und Schreiben

Eine synthetische Sprachausgabe, wie wir sie heute in fast jedem Computer und Smartphone vorfinden, ist völlig ungeeignet, das Lesen und Schreiben zu erlernen. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie wenn man das Lesen und Schreiben nur durch das Hören eines anderen Menschen erlernt. Man weiß zwar, welche Buchstaben es gibt, kann sie aber nur anhand des gesprochenen Wortes eines anderen Menschen in eine Form bringen, die zusammengesetzt wieder ungefähr denselben Klang ergibt.

Wir sehen dies bei vielen jüngeren Blinden aus Ländern, in denen Braille nicht sehr verbreitet ist oder die Finanzierung von Hilfsmitteln zum Lesen und Schreiben von Braille nicht vom Staat übernommen wird. Es gibt viele Blinde, die Anhand von Screen-Reader-Sprachausgaben „gelernt“ haben, wie man schreibt. Das Resultat ist oft, dass das, was der Screen Reader dann wieder vorliest, zwar klanglich irgendwie hin kommt, orthografisch aber nichts mit dem zu tun hat, was gemeint ist. Versucht man diese Texte zu lesen, bekommt man schnell den Eindruck, es mit einem völlig ungebildeten Menschen oder jemandem mit einer massiven Lese-/Rechtschreibschwäche zu tun zu haben. Ich bin schon am Lesen von Texten gescheitert, weil die Rechtschreibung so schlecht war, dass ich nicht entziffern konnte, was gemeint war.

Solche Menschen haben von der Schule an nur mit Screen Readern mit Sprachausgabe, aber ohne Brailleausgabe, gearbeitet. Sie haben mit dieser nicht vorhandenen Kenntnis von Rechtschreibung und Zeichensetzung kaum jemals Chancen, einen ordentlichen Job zu kriegen oder gar zu studieren. Denn je mehr man liest, desto besser wird die Rechtschreibung. Rechtschreibung kommt nicht nur durchs Pauken von Vokabeln bei einem Menschen an, sondern eben vor allem durch das unterbewusste Wahrnehmen beim Lesen. Und das gilt fürs Lesen mit den Fingern genau so wie fürs Lesen mit den Augen.

Bessere Zukunft

Dieses Problem haben zum Glück auch viele Blindenverbände erkannt. Für manche leider zu spät, aber für viele hoffentlich noch rechtzeitig genug. Es gibt inzwischen in vielen Ländern Initiativen, das Wissen und Lehren von Braille wieder verstärkt durchzuführen und auch in Schulen, die nicht speziell für Blinde ausgelegt sind (Stichwort Inklusion), das Lesen und Schreiben durch Braille stärker zu fördern.

Und das muss ja nicht in Form von schränkeweise Büchern passieren, sondern kann genauso gut digital passieren, mit einer ordentlichen Ausstattung mit Braillezeilen und Computern. Und auch in einigen Hilfsmitteln gibt es hierzu Ansätze. JAWS bietet z. B. Einen Braille-Lern-Modus, die Braillenotizgeräte von Help Tech enthalten ein Programm zum Erlernen der Braillenotenschrift, ussw.

Still ein Buch lesen

Und noch etwas ist ganz wichtig. Eine starke Fixierung auf Sprachausgaben be- und überlastet die Ohren. Das merke ich an mir selbst immer wieder. Ich lasse mir in letzter Zeit viele Bücher per Kindle oder iBooks vorlesen, muss mich dabei aber immer auf eine Sprachausgabe konzentrieren, die ständig meine Ohren mit Informationen bombardiert. „Still ein Buch lesen“ ist so nicht.

Das geht aber mit Braille genauso wie mit einem Schmöker in Schwarzschrift (unsere Bezeichnung für normale Druck- und Schreibschrift). Entweder man packt sich ein ordentliches Buch auf den Schoß, oder man nutzt ein mobiles Braillelesegerät, das in dem Moment nichts anderes macht als einem einen Brailletext per elektronischer Blindenschrift zu präsentieren. Kennt noch jemand den Buchwurm von Handy Tech? Das war ein kleines, 8-stelliges Lesegerät, das vom PC aus mit Lesefutter bestückt wurde. Ich habe damit so manchen Flug, lange Zug- oder S-Bahn-Fahrten überstanden, einfach indem ich mich in ein Buch vertieft habe, die Ohren aber nicht durch eine Sprachausgabe belastet wurden.

In den letzten Jahren habe ich das ein bisschen verloren. Der Buchwurm hat irgendwann seinen Geist endgültig aufgegeben, und ich war dann einfach zu bequem, mir ein neues Braillelesegerät anzuschaffen. Oder es gab gerade nichts, was ich attraktiv fand.

Für mich gilt eine ans Smartphone gekoppelte Braillezeile nach längerer Erfahrung nicht als Ersatz. Denn egal ob iOS oder Android: Die Brailleausgabe ist eine Nachrüstung und die Produkte primär auf Sprachausgabe ausgerichtet. Man kann die Sprachausgabe zwar stummschalten, aber man merkt an allen Ecken und Enden, auch beim Lesen, dass Braille hier nur der Mitbewohner ist, kein Hauptmieter. Allein, dass die Kurzschriftübersetzung im Deutschen die Großschreibung nicht unterdrücken kann, macht das Lesen von Literatur unter iOS für mich zur Qual.

Ich merke in letzter Zeit deutlich, dass die Sehnsucht wieder steigt, mich einfach mal mit einem Buch in eine Ecke zu verkrümeln und nicht die Ohren benutzen zu müssen, um es lesen zu können.

Fazit

Nein, Braille stirbt hoffentlich nicht aus, und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass das nicht passiert. Braille ist immens wichtig, wenn nicht sogar lebenswichtig für heutige und zukünftige Generationen blinder Menschen. Es ist das beste und seit 200 Jahren bewährte System, das wir haben, um schnell, effektiv und möglichst platzsparend an genau die gleichen Informationen zu kommen wie unsere sehenden Familienmitglieder, Freunde und Kollegen. Die digitale Welt bietet mit eBooks und dem Zugang zu allen möglichen Inhalten die besten Chancen dafür. Denn dank Computern mit ordentlicher Übersetzungssoftware sind wir nicht mehr darauf angewiesen, dass ein paar wenige Verlage 1% der am Markt befindlichen Bücher in Blindenschrift übersetzen und dann schränkeweise für teuer Geld zu verkaufen. Wir reden hier teilweise über das 5- bis 10-fache eines Preises eines normal gedruckten Buches.

Es ist heute also viel einfacher, Braille mit dem zu lernen und zu benutzen, was man wirklich selber lesen möchte als noch vor 20, 30 Jahren. Diese Chancen sollten wir nutzen und auch dabei helfen, dass andere dies tun. Sei es durch einfaches Weitergeben der Informationen, das Lehren von Braille, das Einstehen für Braille im Rahmen der eigenen Arbeit z. B. Beim Hilfsmittelhersteller, oder durch ehrenamtliche Tätigkeiten in den diversen Blindenselbsthilfeorganisationen.


Rückbesinnung auf Blindenhilfsmittel

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Seit einigen Monaten verspüre ich immer stärker den Wunsch, bestimmten Aktivitäten in ungestörteren Formen nachzugehen. In Umgebungen, die von Ablenkungen befreit sind und ich mich auf eine Sache, und nur diese, konzentrieren kann. Und das hat zur Wiederentdeckung einiger blindenspezifischer Hilfsmittel geführt.

Ein wenig Geschichte

Blindenhilfsmittel gibt es schon sehr lange. In vergangenen Jahrzehnten waren diese oft die einzige Möglichkeit für unseren Personenkreis, bestimmte Aufgaben zu erledigen oder Zugang zu Informationen und Texten zu erlangen. Das reicht von Haushaltshilfen wie sprechenden oder taktilen Waagen über sprechende Thermometer bis hin zu Lesegeräten wie dem Optacon oder Braillezeilen. Mit fortschreitender Entwicklung der Technik erneuerten sich natürlich auch diese Geräte. Das Optacon wurde in den 1990ern von integrierten Vorlesesystemen oder Kombinationen aus Scannern (heute meist Kameras) und Texterkennungssoftware für den PC (oder Mac) ersetzt.

Auch in anderen Bereichen wurde die Zugänglichkeit immer mehr Mainstream. Ein Beispiel ist die Navigation per GPS. Ein anderes sind DAISY-Bücher, ein Hörbuchformat, das speziell für Blinde entwickelt wurde. Dieses gibt es über den Argon-Verlag inzwischen sogar kommerziell. Das populärste Beispiel sind wohl tatsächlich Hörbücher. Zunächst wurden diese nur für Blinde produziert. Sie wurden (und werden) von speziellen Blindenhörbüchereien verliehen. In früheren Jahrzehnten geschah dies in großen Boxen mit vielen Kassetten und in noch früherer Zeit auf Tonbandspulen. Später wurden neue Bücher im DAISY-Format produziert und auf CDs verschickt, und der Altbestand nach und nach ebenfalls digitalisiert. All diese Bücher werden von mehr oder weniger professionellen Sprechern, oft auf freiwilliger Basis, aufgelesen. Heutzutage erfreuen sich aber Dienste wie Audible großer Popularität bei Sehenden genauso wie Blinden, und kommerzielle Hörbücher haben einen solchen Markt, dass die Verlage sich leisten können, hochkarätige Sprecherinnen und Sprecher für das Auflesen der Hörbücher zu verpflichten.

Smartphones und Tablets wurden Mainstream

In den frühen 2000ern wurden die ersten Smartphones noch für Blinde zugänglich gemacht, indem für diese spezialisierte Software entwickelt und vertrieben wurde, ähnlich wie dies auch für Windows bis heute der Fall ist. Beispiele hierfür sind unter anderem Talks oder MobileSpeak für die Symbian-S60-Serie von Nokia-Handys. Alternativ gab es erste Geräte wie das PAC Mate, die eine Mischung aus einem Mainstream-Betriebssystem und spezialisierter Hardware und Screen Reader darstellten.

Mit dem Einzug von iPhone und Android-basierten Smartphones in den späten 2000ern änderte sich dies jedoch radikal. Zum ersten Mal gab es in Standard-Betriebssystemen für Mobilgeräte Screen Reader direkt an Bord. Man musste als Blinder keine spezielle Hard- oder Software mehr kaufen, um diese nutzen zu können. Das war, ohne Übertreibung, eine Revolution.

In den folgenden jahren wurden viele blindenspezifische Lösungen auf diese Plattformen portiert oder für diese ganz neu entwickelt. Um mal ein paar Beispiele zu nennen:

  • DAISY-Software mit der Möglichkeit der Online-Buchausleihe in Hörbüchereien, wie z. B. die Blibu-Apps.
  • Spezialisierte GPS-Navigationslösungen wie BlindSquare, Sendero oder die RNIB-Navigation.
  • Der KNFB Reader zum Scannen von gedrucktem Text mit Hilfe der im Smartphone vorhandenen Kamera
  • VoiceDream Reader zum Lesen von DAISY-, MP3-Hörbüchern, EPUB; Word, PDF und anderen Dokumentformaten.

All diese Apps erfüllen die speziellen Bedürfnisse blinder Menschen, die früher durch spezialisierte Hardware wie die Plextalk PTP oder PTN, Victor Reader Stream von Humanware, oder dedizierte GPS-Lösungen abgedeckt wurden, und scheinen diese überflüssig zu machen.

Ein anderer Punkt ist der Preis, der für diese speziellen Hilfsmittel aufgerufen wird. Dieser ist immer noch um ein vielfaches höher als die Kosten für mehrere der oben genannten Apps zusammengerechnet. Ein DAISY-Spieler und -Aufnahmegerät, ein Lesesystem oder ein dediziertes GPS wie der Trekker Breeze kosten zusammen durchaus vierstellige Euro-Beträge.

Ein Gerät, das bis heute aber keinen Ersatz gefunden hat, ist die Braillezeile. Wer Braille lesen möchte, kommt an ihr nicht vorbei. Also unterstützen auch Smartphones viele Braillezeilen, meistens drahtlos über Bluetooth. Hier gibt es also keinen Mainstream-Ersatz für die spezielle Hardware.

Schleichende Probleme

Also alles klar auf der Andreadoria? Nun ja, eine ganz lange Zeit habe ich das zumindest angenommen. Als ich 2009 mein erstes iPhone bekam und dann die ersten Apps auftauchten, die auch die Fähigkeiten der speziellen hardware übernahmen, verkaufte ich sogar einiges an Hilfsmitteln wie meinen Victor Reader Stream der ersten Generation. Ich glaubte halt, ich brauche die jetzt nicht mehr. Das können diese Apps im Prinzip auch. Allerdings zahle ich dafür einen Preis. Nicht auf einmal, und lange war er für mich auch nicht greifbar, aber über die Zeit hat er sich langsam angesammelt, bis er jetzt tatsächlich deutlich spürbar wird.

Der Preis ist nicht mal technischer Natur, sondern hat einfach mit der Tatsache zu tun, dass ich meine Inhalte oder Aufgaben auf einem Mainstream-Gerät konsumiere bzw. erledige. Viele dieser Probleme betreffen auch andere Nutzer wie z. B. Sehende, aber beeinträchtigen diese eventuell nicht so stark wie mich.

Ablenkung beim Lesen

Hier sitze ich und lasse mir von meinem Screen Reader ein Buch in meiner bevorzugten eBook-App vorlesen. Die Geschwindigkeit ist angenehm, und ich bin richtig ins Buch vertieft. Plötzlich kommt eine Benachrichtigung, z. B. von Twitter, rein. Der Benachrichtigungston dröhnt wie eine Kirchenglocke, und der Text der Benachrichtigung wird entweder an einer unpassenden Stelle in den Text des Hörbuchs gemischt oder unterbricht den Lesefluss zur Gänze. Wann was passiert, habe ich noch nicht herausgefunden, das ist anscheinend tagesformabhängig. In jedem Fall ist die Konzentration, das Abtauchen, dahin.

Klar, ich kann Nicht Stören so einstellen, dass es selbst bei entsperrtem Smartphone sämtliche Benachrichtigungen unterdrückt. Aber während Bitte Nicht Stören schnell ein- und ausgeschaltet ist, muss diese spezielle Einstellung in einer Einstellung irgendwo auf der dritten Einstellungsebene umgestellt werden. Und dann will ich das ja später vielleicht auch wieder nicht mehr, dass die Benachrichtigungen nicht mehr kommen, also muss ich wieder in die Tiefebenen der Einstellungen hinab klettern und es wieder umstellen. Das ist alles auf Dauer sehr fummelig und fängt irgendwann regelrecht zu nerven an.

Dieses Problem ist dabei nicht mal blindenspezifisch. Eine sehende Person, die ein eBook am handy liest, wird von einer per Banner eingeblendeten Benachrichtigung genauso abgelenkt.

Ein anderes Beispiel betrifft das Hören von Musik oder Podcasts. Selbst wenn der Bildschirm gesperrt ist, sorgen ankommende Benachrichtigungen dafür, dass der Screen Reader beim Sprechen standardmäßig die Lautstärke der Audiowiedergabe vorübergehend herunterregelt, um deutlich hörbar darüber hinweg sprechen zu können. Man muss dann entweder schnell die Geste zur Stummschaltung der Sprachausgabe ausführen oder die Wiedergabe pausieren und eventuell etwas zurück spulen, wenn man etwas gesprochenes dadurch verpasst hat. Und was ist, wenn man gerade die Bluetooth-Kopfhörer aufgesetzt hat und irgend etwas am anderen Ende des Raumes macht? Dann kann man das Smartphone nicht sofort erreichen und hat auf einmal zwei Sprachquellen, die einen volltexten. Ich für meinen Teil komme mit zwei gleichzeitigen Sprachquellen nicht klar. Ich verstehe dann höchstens von beiden noch die Hälfte, oder von einer gar nichts mehr und von der anderen auch nur drei Viertel.

eBooks in Blindenschrift lesen

Ich weiß ja nicht, wie es anderen blinden Lesern geht, aber irgendwie können die Hersteller von Screen Readern bzw. Smartphone-Betriebssystemen Braille alle nicht richtig. Ich habe über die Jahre diverse Kombinationen getestet und muss feststellen, dass jede von ihnen Fehler enthält, die ein flüssiges Lesen eines längeren Literaturtextes für mich zur Tortur machen. Entweder wird mir die Großschreibung in der deutschen Kurzschrift aufgezwungen, was zum Lesen von Literatur absolut unpassend ist, oder die Übersetzung ist so voller Kürzungsfehler, dass ein flüssiges Lesen unmöglich ist. Oder die Braillezeile navigiert nicht sauber durch längere Texte und springt bei Seitenübergängen oder manchmal auch völlig willkürlich nicht einfach einen Zeilenabschnitt weiter, sondern irgendwo anders hin und stört so den Lesefluss irreparabel.

Die Probleme mit der Braillenavigation kenne ich auch von Leuten, deren Muttersprache englisch ist. Englisches Braille kriegen die Screen Reader aber durchaus besser hin. Auch bei anderen nicht englischen Sprachen höre ich immer wieder Beschwerden über die schlechte Kurzschriftqualität in Screen Readern, wie z. B. im Französischen oder Spanischen.

Dass eine gute Kurzschriftübersetzung im Deutschen möglich ist, zeigen Programme wie RTFC oder auch das SBSBRL aus der Schweiz (gibt es das überhaupt noch?). Lediglich in den Screen Readern sind diese besseren Lösungen durchweg nicht enthalten, egal wohin man guckt. Für Statusmeldungen oder das Korrekturlesen von kürzeren Texten ist Computer-Braille ja OK. Ich weigere mich aber, ganze Romane damit zu lesen.

GPS-Navigation als Fußgänger

Es gibt inzwischen diverse spezialisierte GPS-Apps für die Smartphone-Betriebssysteme. Einige kosten einmalig was, andere gibt es im Abo. Keines von denen integriert sich jedoch mit dem auf dem jeweiligen Gerät vorhandenen Kartendienst, sondern nutzt immer irgend etwas eigenes. Und was sie alle nicht wirklich gut hinbekommen, ist nach meiner Erfahrung eine halbwegs akurate Standortbestimmung. Oft liegen sie um mehr als 10 m daneben, selbst wenn die Abdeckung an sich ganz prima ist.

Ich habe einmal einen kleinen Wettbewerb mit einem Freund veranstaltet, der einen Trekker Breeze von Humanware hat. Es ging zum einen um Situationen an üblichen Straßenkreuzungen und anderen Gegebenheiten und zum anderen um das Navigieren durch einen Park oder Wald anhand vordefinierter Landmarkierungen. Ich sag’s mal so, ich habe, obwohl ich mehrere Apps nacheinander in die Waagschale geworfen habe, auf allen Gebieten gnadenlos verloren. Der Breeze war so vorbildlich in Genauigkeit und Zuverlässigkeit, dass ich mich gefragt habe, wie Sehende mit dieser Ungenauigkeit zurecht kommen. Dann fiel mir aber wieder ein, dass die Standard-Apps wahrscheinlich für deren Anwendungsfälle genau genug sind und sie ja einen deutlich größeren Überblick über eine Szenerie haben als wir.

Eine weitere Sache, die all diese Apps gemeinsam haben, ist, dass sie unglaublich geschwätzig sind und mich mit Informationen zugemüllt haben, die ich in dem jeweiligen Moment gar nicht gebraucht hätte. Ja, das kann man alles filtern, ich weiß, aber das auch zu tun erwies sich in den drei Apps, die ich getestet habe, in allen Fällen als recht schwierig, weil die Benutzerinterfaces sehr komplex sind. Mal eben schnell was ausschalten ging nicht, und ich war, obwohl ich mit den Apps vertraut war, viel langsamer als der Freund auf dem Breeze. Ach ja, und erwähnte ich das Problem mit den zwei Stimmen, die gleichzeitig auf mich einreden? Diese Apps sind fast alle in irgend einer Form selbst sprechend. Da aber ja mein Screen Reader auch immer mitlaufen muss, kam es oft dazu, dass mir beide Stimmen ins Ohr gesäuselt haben und ich eventuell vielleicht sogar wichtige oder interessante Infos nicht oder nur halb verstand.

Allgemeine Unstimmigkeiten und Unzugänglichkeiten

Wenn ich Mainstream-Geräte nutze, bin ich immer etwas angespannt, denn es gibt häufig Unstimmigkeiten im Verhalten des Screen Readers. Auch kann ein Update einer App eine bisher gegebene Zugänglichkeit jederzeit zunichte machen. Aktualisierungen von Betriebssystemen können das Screen-Reader-Verhalten signifikant verändern. Und wenn es um Webseiten geht, die ich zu einem bestimmten zweck aufrufen oder benutzen muss, so gibt es auch im jahr 2018 trotz aller Projekte zur Barrierefreiheit immer noch so viele unzugängliche Angebote, dass einem schlecht werden kann. Entweder muss ich dann alle möglichen Tricks im Screen Reader anwenden, um irgendwie ans Ziel zu kommen, oder ich komme tatsächlich nicht ans Ziel. Und ja, auch das kommt im Jahr 2018 immer noch viel häufiger vor als uns allen lieb sein kann.

Anpassen eigener Ansichten

Wie bereits erwähnt, manifestierten diese Probleme sich nicht alle auf einmal, wenn man mal von dem direkten Vergleich bei der GPS-Navigation absieht. Sie schlichen sich an, sammelten sich und wurden mit der Zeit zu echten Störfaktoren, je häufiger ich über sie stolpere, je häufiger Ablenkungen passieren und je länger die Situation andauert. Das geht soweit, dass sie manchmal zu einem echten Stressfaktor werden. Das Berichten von Fehlern in der Brailleübersetzung an die Entwickler diverser Betriebssysteme und Screen Reader hat über die Jahre kaum Besserung gebracht, selbst wenn die Berichte von mehreren Nutzern nachvollzogen und berichtet wurden. Andere Probleme können nicht ohne ein grundsätzliches Umdenken á la „Hey, der Anwender liest gerade ein Buch, vielleicht sollten wir ihn dabei nicht stören!“ gelöst werden.

Ich überlegte also, was ich tun könnte, um die Stresslevel zu reduzieren, ein Buch mal wieder vollends ohne Störungen zu lesen oder entspannt in meinem Lieblingspark spazieren zu gehen. Ich habe in letzter Zeit stark abgenommen und bin dadurch wieder physisch viel mobiler als in den letzten Jahren geworden. Diese Aktivität wird in nächster Zeit also noch einen viel höheren Stellenwert einnehmen. Und ich möchte ihr nachgehen können, ohne dass der Stress einer ungenauen navigation das Vergnügen daran gleich wieder zunichte macht. Je älter ich werde, desto weniger komme ich mit zu hohen Stressfaktoren klar. Ich war einmal in einem Burnout und will da nie wieder hin.

Dann passierten vor kurzem mehrere Dinge, die das Gedankenkarussell so richtig in Schwung gebracht haben. Zum einen sprach ich mit besagtem Freund, und er erzählte mir, dass sein Breeze so langsam auseinander fällt, nachdem er ihn sieben Jahre intensiv genutzt hat, und er nach was neuem sucht. Nach kurzer Suche fand ich auf Humanwares Website den Victor Reader Trek (englisch). Dieser ist die Kombination aus zwei Geräten. Zum einen enthält er die Fähigkeiten des populären Victor Reader Stream mit all seinen Möglichkeiten zur Wiedergabe von Hörbüchern, Musik, Podcasts, der Online-Ausleihe von Büchern usw. Und zum anderen enthält er die Fähigkeiten des Trekker Breeze, natürlich modernisiert.

Der Trek kann also mehrere Dinge richtig gut, nach denen ich zur Zeit suche. Zum einen wird er eine störungsfreie und auf die Benutzung durch Blinde angepasste Umgebung bieten, um Hörbücher verschiedener Coleur zu konsumieren, ohne vom Smartphone abgelenkt zu werden. Und zum anderen wird er das können, was ich mir von einer für Blinde angepassten navigationslösung erhoffe. Noch muss man sich allerdings gedulden, der Trek ist im deutschsprachigen Raum noch nicht erschienen. Ich scharre allerdings schon gespannt mit den Hufen. 😉

Das andere, was geschah, war, dass ich ein ElBraille zum Testen bekam. Wie in meinem kürzlich erschienenen Testbericht ausgeführt, ist es für mich nicht das passende Gerät. Der Test führte jedoch dazu, dass ich mich nach einigen anderen Lösungen im Braillebereich umsah, die losgelöst von einem Smartphone oder PC mit Brailledateien umgehen können. Und nach einiger Suche landete ich beim Actilino von Help Tech. Dies ist eine 16-stellige Braillezeile mit für Help Tech bzw. Handy Tech typischen Notiz- und Lesefunktionen. Ich war in den 1990er und 2000er Jahren großer Fan des Buchwurm, einem Lesegerät mit 8 Braillemodulen, das bequem in eine Hand passte. Mit dem konnte ich über Stunden hinweg ganz vertieft Braillebücher lesen. Ich werde in ein paar Wochen ein Actilino zum Testen bekommen und bin schon sehr gespannt, ob ich mich damit ebenso in einen Roman versenken kann, ohne dass mir das Gewicht eines solchen gleich die Rippen bricht. Wenn die Leseerfahrung auch nur annähernd der des Buchwurm ähnelt, werde ich vermutlich sehr verzückt sein.

Fazit

Über viele Jahre hinweg habe ich fast ausschließlich Geräte benutzt, die nicht blindenspezifisch waren, also dem mainstream angehören. Über die Zeit habe ich aber festgestellt, dass allein deren Reichhaltigkeit an Funktionen dazu führen kann, dass wegen der konstanten geistigen Forderung Aktivitäten, die zur Entspannung dienen, oder das einfache Ankommen an einem Ort, eine echte Herausforderung werden können. Dinge, die eigentlich entspannen sollen, werden so zu einer Aktivität mit Stressfaktor. Oder in anderen Fällen sind Dinge einfach viel umständlicher zu erledigen als es nötig wäre. Es wurde mir langsam klar, dass Blindenhilfsmittel in meinem Leben doch wieder einen größeren Stellenwert einnehmen können, um einfach den Stress aus bestimmten täglichen Aktivitäten etwas herauszunehmen. Diese Geräte bieten eine sehr spezifische kontrollierte Umgebung, und ich kann mir vorstellen, dass es auch sehr erholsam sein kann, öfter als bisher nicht mehr mit den Unstimmigkeiten eines Screen Readers, der Unzugänglichkeit einer Website, oder dem Blödsinn mancher Brailleübersetzungen konfrontiert zu werden.

Ich bin mir durchaus im klaren darüber, dass dies nicht für jeden eine Möglichkeit darstellt. Diese Hilfsmittel haben ihren höheren Preis und sind daher nicht für jeden erschwinglich. Im deutschsprachigen Raum haben wir zum Glück viele gute Finanzierungsmöglichkeiten für viele Hilfsmittel, aber es gibt ja durchaus Länder, in denen das nicht der Fall ist. Und die hohe Arbeitslosigkeit unter Blinden tut ihr übliches dazu. Dies sind alles lediglich meine Überlegungen, die aus persönlichen Erfahrungen der letzten Jahre resultieren. Gerade die immer noch hohen Preise für die Hilfsmittel in Kombination mit der weltweit hohen Arbeitslosigkeit unter blinden Menschen bestärken mich darin, auch weiter jeden Tag für die bessere Zugänglichkeit von Mainstream-Angeboten einzutreten.

Menschen sind jedoch unterschiedlich. Die Erfahrung hat gezeigt, dass nicht alle Blinden mit den inzwischen sehr weit verbreiteten Touchscreen-Gadgets umgehen können. Sie kriegen es einfach nicht hin, und deshalb ist es wichtig, dass es eben spezialisierte Hardware gibt, mit der auch sie weiterhin Zugang zu Informationen und Literatur haben. Die Aussage, dass für manche die spezialisierte Hardware die einzige Möglichkeit des Zugangs ist, ist heute also genauso richtig wie vor 10, 20 oder 30 Jahren.

Interessanterweise beobachte ich das Phänomen, dass für bestimmte Aktivitäten wieder mehr dedizierte Geräte benutzt werden, auch bei sehenden Menschen in meinem Umfeld. Meine Frau liest z. B. Bücher grundsätzlich nicht am Smartphone oder Tablet, sondern auf einem Kindle Oasis. Dieser kann sie nicht mit irgendwelchen Benachrichtigungen vom Lesen ablenken, und sie kann den Text so zoomen, wie es für ihre Augen bequem ist. Sie sagte mal: „Bücher kann man nicht zoomen, daher immer Kindle, wenn’s geht.“ Den Stress aus bestimmten Aktivitäten herauszunehmen oder gar nicht erst zuzulassen ist also ein weiter verbreitetes Thema als ich es hier für mich geschildert habe.

Die Zeit wird zeigen, ob diese Ideen sich für mich tatsächlich als richtig erweisen. Aber der Wunsch für die Vereinfachung bestimmter Aufgaben und das Verringern von Overhead definitiv stark in mir ist! 🙂

Disclaimer

Dies ist kein gesponserter Artikel, und ich bekomme von keiner der genannten Firmen Geld dafür, dass ich ihre Produkte hier erwähnt habe. Die Nennungen sind lediglich das Resultat einer extensiven Recherche, bei der ich mir viel mehr Produkte angeschaut habe, als hier erwähnt wurden. Die genannten Produkte sind die Ergebnisse der Recherche, diejenigen, bei denen ich mich entschieden habe, sie ausprobieren zu wollen.

In eigener Sache: Verkaufe Focus 14 Blue Braillezeile

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Weil andere Wege bisher nicht zum Erfolg geführt haben, hier mal eine private Kleinanzeige.

Ich verkaufe die Focus 14 Blue Braillezeile der 4. Generation von Freedom Scientific, die ich im Januar 2013 getestet und mir am Ende des Tests gekauft habe. Sie ist in einem sehr guten Zustand, alle Tasten, Stifte und andere Bedienelemente funktionieren. Der Originalkarton mit Zubehör und englischer Brailleanleitung sind immer noch vorhanden.

Die Zeile wird entweder per USB oder Bluetooth angesteuert. Eine vor einigen Jahren erschienene Firmwareaktualisierung, mit der man im laufenden Betrieb zwischen USB und Bluetooth umschalten kann, ist eingespielt. Die Zeile ist mit Screen Readern wie JAWS, NVDA, VoiceOver auf iOS und MacOS, und TalkBack unter Android kompatibel.

Die Zeile kann ebenfalls mit dem ElBraille 14 verwendet werden, das ich vor einigen Wochen getestet habe. Was für mich nicht geeignet ist, kann ja für jemand anderen genau das richtige sein. 😉

Für die Zeile hätte ich gern wegen ihres guten Zustandes 700€. Bei Interesse wendet euch bitte direkt per Mail an mich. Die Mailadresse findet ihr auf der Über-Mich-Seite.

DIE Kommentare für diesen Post sind geschlossen. Sobald die Zeile an eine*n neue*n Besitzer*in verkauft ist, wird er verschwinden.

Wichtiger Hinweis für blinde WordPress-Nutzer

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Dies ist ein wichtiger Hinweis für alle Bloggerinnen und Blogger, die WordPress nutzen und einen Hinweis aufs Ausprobieren von Gutenberg bekommen.

Gutenberg ist der neue Editor, der in WordPress 5.0 zum hauptsächlichen Editor werden soll und die bisherigen Editoren ablösen soll. Für Screen-Reader-Nutzer bedeutet dies einen großen Rückschritt in der Zugänglichkeit, weil Gutenberg zum Release noch nicht zugänglich sein wird. Die Gemeinde, die sich im Bereich Zugänglichkeit für WordPress engagiert, arbeitet hart daran, die bestehenden Probleme auszubügeln und neue zu verhindern, aber sie werden es bis zum Release nicht schaffen. So wie es aussieht, wird also in WordPress 5.0 noch längst nicht alles bereit sein.

Die Lösung

Automattic, die Firma, die hinter WordPress steckt, weiß natürlich, dass das ein Problem ist, und dass auch längst nicht alle Themes und Plugins zum Release für Gutenberg bereit sein werden. Deshalb bieten sie für eine Übergangszeit ein Plugin namens Classic Editor an, das verhindert, dass beim Update auf WordPress 5.0 automatisch Gutenberg aktiv wird.

WICHTIG: Das am 02.08.2018 erschienene Update auf WordPress 4.9.8 bietet auf dem Dashboard bereits jetzt an, dass man Gutenberg vorab testen kann. Darunter gibt es unter der Überschrift „Noch nicht bereit?“ die Möglichkeit, genau dieses Classic Editor Plugin zu installieren. Bitte tut dies jetzt und wartet nicht bis zum Update auf Version 5.0! Wenn ihr dieses Plugin jetzt installiert, stellt ihr sicher, dass euer Blog auch nach einem eventuell automatisch durchgeführten Update auf WordPress 5.0 in einigen Wochen weiterhin zugänglich ist. Dies gilt vor allem für den Bereich, der euch selber betrifft, nämlich den Admin-Bereich.

Also nicht warten, sondern jetzt einmal das Dashboard aufrufen, direkt oben im Startbereich nach den Menüs den Punkt für den klassischen Editor finden und das Plugin installieren und aktivieren (der Link von Installieren ändert sich nach einigen Sekunden auf Aktivieren). Damit seid ihr erstmal auf der sicheren Seite.

Fröhliches Bloggen!

Alternativen zu Google & Co.: Barrierefreiheit ein wichtiger Faktor

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In den letzten Monaten wird immer mehr über Alternativen zu Datenkraken wie Google und Facebook diskutiert. Ein Aspekt kommt dabei allerdings oft zu kurz, nämlich die Barrierefreiheit der Alternativen.

Nicht erst seit dem Cambridge-Analytica-Skandal ist die Datensammelwut großer amerikanischer Konzerne wie Google, Facebook oder Amazon in aller Munde. Aber dieser Skandal hat die Diskussion um Alternativen nochmals stark befeuert. Und auch ich werde immer häufiger gefragt, welche Alternativen es denn gibt, und hierbei auch, wie diese denn für Menschen mit Behinderungen bedienbar sind.

Die Bilanz hier fällt leider sehr gemischt aus. Unumstritten ist, dass die großen Konzerne ein Interesse daran haben, ihre Angebote möglichst barrierefrei zu gestalten. Das tun sie jedoch nicht unbedingt, weil sie dies für gut oder ethisch korrekt halten, sondern weil ihnen in den USA sonst wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung saftige Klagen ins Haus stehen könnten.

Ausnahmen bilden hiervon sicherlich nur die Firmen Apple und Microsoft. Tim Cook, der CEO von Apple, sagte in den letzten Jahren wiederholt, dass bei ihnen bei der Accessibility nicht nach dem ROI, dem Return On Investment, gefragt wird, sondern die Projekte einfach gemacht werden, weil dies richtig und Barrierefreiheit ein Menschenrecht sei. Der aktuelle CEO von Microsoft wiederum, Satya Nadella, hat ein Kind mit einer Behinderung. Seit er Chef ist, ist Barrierefreiheit bei Microsoft zu einem Teil ihrer DNA geworden, und sie machen seitdem verdammt viel mehr richtig und mit echtem Engagement dahinter als vorher.

Alternativen hierzu haben es oft schwer, weil sie zu klein sind, nur auf freiwilligem Engagement basieren, oder schlicht das nötige Geld fehlt. Oder es sind Leute am Werk, die sich schlicht zu wenig Gedanken darum machen, in Webprojekten richtiges HTML zu verwenden, weil das bevorzugte JavaScript-Framework bzw. dessen Tutorials an sich schon keinen semantisch korrekten Code in ihren Beispielen verwenden. Unwissenheit oder Ignoranz junger, gesunder Programmierer sind nicht selten der Grund dafür. Es muss schnell gehen, also wird schnell zusammengeklöppelt, was toll aussieht und in hoher Geschwindigkeit auf den Markt bzw. auf Github geworfen werden kann.

Dies ist mit Absicht überspitzt formuliert, beschreibt die Probleme aber doch recht treffend. Um mal einige Beispiele zu nennen:

  • Als offene Chat-Alternative wird inzwischen gern Matrix ins Feld geführt. Dessen bekanntester Client, Riot.im wird sogar von der französischen Regierung inzwischen als bevorzugte Messenger-Plattform gefordert und gefördert. Das Problem ist, dass weder die Web-App noch der Client für iOS im Ansatz so zugänglich sind wie z. B. Slack oder Google Hangouts Chat, oder auch das neuere Microsoft Teams. Matrix gehört wohl mit zu den unbenutzbarsten Alternativen, die es zur Zeit gibt.
  • Als Alternative zu Dateispeicher und Online-Kollaboration gibt es gleich mehrere Dienste. In Deutschland wurde in den letzten Monaten recht pressewirksam NextCloud ins Gespräch gebracht, weil Bundesbehörden ihre Infrastruktur hierauf umstellen wollen. Als ich mir dann mal eine Demoversion anschaute, stellte ich innerhalb der ersten zwei Minuten diverse gravierende Mängel der Zugänglichkeit fest, die das Produkt zu der Zeit für Blinde nicht benutzbar machten. Auf meine diesbezüglichen Tweets hin wurde zugegebenermaßen sehr schnell reagiert, und im Moment wird fleißig nachgebessert, wo verschiedene engagierte Community-Mitglieder Fehler in den Web-Apps und iOS- und Android-Clients sowie den Desktop-Clients finden. Dass dies aber im Vorfeld trotz BITV und demnächst der EU-Norm 2102 nicht geprüft wurde, lassen wir jetzt mal unkommentiert so stehen. Die gute Nachricht ist aber hier: Es tut sich tatsächlich was, und hoffen wir mal, dass sich das auch auf die diversen Apps, die man in seinen NextCloud-Server installieren kann, durchschlägt, denn jede App bietet auch wieder neue Chancen für Unzugänglichkeit.
  • Eine sehr gut bedienbare offene Alternative zu Diensten wie Gmail & Co. ist Open-Xchange, deren Macher in den letzten Jahren sehr viel für die Verbesserung der Barrierefreiheit getan haben und weiterhin tun. Aber da die dahinter stehende Firma deutlich kleiner ist als die Giganten aus Mountain View & Co., dauert es entsprechend länger, weil weniger Manpower am Stück auf ein solches Projekt geworfen werden kann. Ein Dienst, bei dem man Open-Xchange „in freier Wildbahn“ ausprobieren kann, ist z. B. Mailbox.org. Auch andere alternative E-Mail-Anbieter wie FastMail tun einiges, müssen aber auch immer wieder mal in die richtige Richtung gestupst werden.
  • Zu Messengern wie Facebook Messenger oder WhatsApp gibt es einige Alternativen. Threema und Signal sind sowohl unter iOS als auch Android gut bedienbar, die Web-Angebote bzw. Desktop-Clients lassen jedoch (mal wieder) zu wünschen übrig. Ich weiß, dass Threema an Verbesserungen arbeitet, bei Signal ist mir der Status zur Zeit unbekannt. Andere Messenger wie Wire oder das nicht unumstrittene Telegram sind deutlich weniger gut zugänglich.
  • Eine erfreuliche Entwicklung ist bei Mastodon zu beobachten, einer dezentralen Social-Media-Alternative zu Twitter & Co. Hier ist sowohl die eigentliche Software Mastodon als auch mindestens der alternative Web Client Pinafore sehr gut zugänglich, und man muss ausnahmsweise mal mehr mit den Entwicklern der iOS- und Android-Apps über Barrierefreiheit sprechen als mit den Entwicklern dieser Web Clients. Und klemmt es doch mal, wird schnell auf Fehlerberichte reagiert. Bei anderen Alternativen wie Friendica oder Diaspora sieht es leider zur Zeit noch nicht ganz so gut aus, aber immerhin gibt es gut zugängliche Möglichkeiten, am föderierten sozialen Netzwerken teilzunehmen, das auf einem offenen Standard basiert.

Barrierefreiheit der Großen funktioniert oft einfach

Und noch etwas ist ein wichtiger Aspekt: Die Barrierefreiheit der großen Anbieter ist, von wenigen Ausreißern abgesehen, inzwischen so gut wie die Dienste selbst. Ich kenne z. B. keine so gut zugängliche Aufgabenverwaltung für mehr als eine Person wie Microsoft To-Do. Die Listen- und Aufgabenverwaltung integriert sich über das Microsoft-Konto so nahtlos in iOS, Windows und Office, dass es schwer ist, dafür eine Alternative zu finden, die ähnlich gut funktioniert. Google Docs oder Microsoft Office Online gehören zu den besten Online-Office-Anwendungen, die ich kenne, was die Zugänglichkeit angeht. Gmail ist ein verdammt gut zugänglicher Web-Mailer, der Kalender ist ebenfalls sehr gut. So gut kommen da nur Microsoft Outlook auf dem Desktop oder Smartphone oder Apple MacOS- oder iOS-Mail und Kalender mit. Open-Xchange und andere haben hier, trotz teilweise guter Aufholjagd, immer noch nicht unbeträchtliche Lücken, gerade im Office-Bereich bzw. der Echtzeit-Zusammenarbeit.

Dazu kommt, dass, wenn man Windows benutzt, man kaum eine Alternative zu den Microsoft- oder Google-Diensten hat. Diese lassen sich beide sehr gut in Windows und Office integrieren. Dienste wie Open-Xchange oder NextCloud, die auf CalDAV und ähnlichen offenen Standards beruhen, lassen sich nur mit Drittanbieterprogrammen wie Thunderbird mit Erweiterungen nutzen. Während Thunderbird selbst gut zugänglich ist, ist es die Lightning-Erweiterung für Kalender fast gar nicht, und für eine wirklich gute Adressbuchunterstützung braucht es eine Erweiterung wie CardBook, um da überhaupt was zu erreichen. Unter MacOS und iOS sieht’s besser aus, weil Apple CalDAV und CardDAV nativ unterstützt, aber unter Android braucht man schon wieder Extra Apps dafür, weil Google natürlich die Nutzer gern mit seinen eigenen Diensten versorgen möchte und solche offenen Standards nicht anbietet.

Technisch versierte Anwender kommen mit dem Gefrickel sicher noch zurecht, das dazu nötig ist, die alternativen Dienste zu einer Zusammenarbeit mit dem eigenen Geräte-Fuhrpark zu bewegen. Die meisten Endanwender mit weniger technischem Hintergrund dürften hieran jedoch scheitern. Ich merke oft selbst, wie sehr es mich inzwischen nervt, wenn etwas nicht richtig funktioniert, weil mal wieder irgend eine Komponente aus dem heterogenen Gemisch durch ein Update was kaputt gemacht hat.

Fazit

Wenn man auf Barrierefreiheit angewiesen ist, bleiben einem oft kaum Alternativen zu den großen Netzwerken und Diensten aus den USA. Die Alternative wäre eine massiv eingeschränkte Benutzbarkeit für unseren Personenkreis und davon abhängig manchmal ja sogar Arbeitsplätze. Das Projekt „Linux in München“ ist ja auch unter anderem deshalb gescheitert, weil nicht alle Software mit gleichwertigem Ersatz ersetzt werden konnte. Und von einer mir bekannten „betroffenen“ Person weiß ich, dass ein Grund war, dass die Alternativen zu Microsoft Office eine oft so viel schlechtere Zugänglichkeit hatten, dass ein produktives Arbeiten damit nicht möglich war.

Die Ideen, die Netzpolitik.org hat, um die marktbeherrschenden Stellungen oder gar Monopole der großen US-Konzerne aufzubrechen, sind im Prinzip gut, funktionieren aber nur, wenn bei den Alternativen eben auch eine entsprechend gute Zugänglichkeit gewährleistet wird. Und das ist nach wie vor ein Großprojekt, das uns mit den immer gleichen Problemen schon seit über 20 Jahren beschäftigt. Ich wage mal die These, dass, um einen gleichwertigen Ersatz zu schaffen, durch das nötige Nacharbeiten in mancher Software Kosten entstehen könnten, die zwar nicht dem Volumen von Microsoft-Lizenzen entsprechen, jedoch auch nicht unbeträchtlich sind. Das liegt nicht daran, dass barrierefreie Lösungen per se teurer sind. Sie sind es nur dann, wenn die Barrierefreiheit nachgerüstet werden muss, weil zu Beginn eines Softwareprojektes die falschen Entscheidungen getroffen wurden.

Auch persönlich schlagen in meiner Brust zwei Herzen. Zum einen dasjenige, das sagt, man müsste eigentlich für alles offene Standards nutzen. Und zum anderen dasjenige, das einfach nur Dinge erledigt haben möchte. Ich habe mich in den letzten Monaten wieder stärker hin zu einer auf Microsoft-Diensten basierenden Infrastruktur hin orientiert, von einigen Ausnahmen abgesehen, weil diese für mich zur Zeit am besten funktioniert und für eine zuverlässige Barrierefreiheit steht. Den Konflikt werde auch ich also so schnell nicht lösen können, denke ich.

Tipps zum Umgang von Threema Web mit Screen Readern

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Am heutigen 29.10.2018 ist Threema für iOS 4.0 erschienen und bringt als Neuerung unter anderem die Unterstützung für Threema Web mit. Hier sind einige Tipps zur Zugänglichkeit von Threema Web.

Was ist Threema Web?

Threema Web ist ein Client für Threema, der sich mit der installierten App auf dem iOS- oder Android-Gerät verbindet und eine komfortable Oberfläche zum Lesen und Schreiben von Threema-Nachrichten zur Verfügung stellt. So kann man auch mit dem Handy, wenn man keine externe Tastatur dafür hat, über den PC oder Mac prima mit einer Tastatur Nachrichten schreiben.

Threema Web aktivieren

Threema Web wird in der Threema App auf dem iPhone oder iPad wie folgt aktiviert:

  1. Öffne die App und tippe unten rechts auf den Tab Einstellungen.
  2. Es gibt einen neuen Punkt Threema Web, der jetzt aufgerufen werden muss.
  3. Finde jetzt den Umschalter Threema Web Aktivieren und doppeltippe ihn, um Threema Web einzuschalten.
  4. Jetzt wirst Du aufgefordert, in Deinem Browser die Website web.threema.ch aufzurufen.
  5. Bevor Du jetzt den QR Code scannst, finde mit Deinem Screen Reader das Passwort-Feld, das angezeigt wird und denke Dir ein Passwort aus. Wahlweise kannst Du auch eines vom Browser oder Deinem passwort-Manager generieren lassen. Gib dieses als erstes ein. Es hilft Dir später, mit demselben Browser schnell wieder eine Verbindung zu Threema aufzubauen, ohne den Code wieder scannen zu müssen.
  6. Nimm jetzt Dein Handy zur Hand und finde oben rechts in den Threema-Web-Einstellungen den Kamera-Button. Doppeltippe ihn und halte das Handy ungefähr parallel zum Bildschirm ausgerichtet hoch. Führe es nah an den Bildschirm heran und dann langsam von ihm weg, bis der QR Code erfasst wird. Eventuell musst Du den Vorgang an verschiedenen Positionen Deines PC-Bildschirms wiederholen, Achte darauf, dass Deine Hand die rückseitige Kameralinse nicht verdeckt. Der QR Code, den das Webformular anzeigt, befindet sich in etwa in der Mitte. Eine Vibration und ein Signalton zeigen an, dass der Code erfolgreich gescannt wurde.
  7. Nach erfolgreichem Scan des QR Codes wird die Verbindung aufgebaut. Dein Screen Reader fängt an, einen Fortschrittsbalken und Verbindungsmeldungen vorzulesen. Du kannst das Handy jetzt zur Seite legen.

Tipp: Solltest Du einen Desktop-PC mit Monitor haben, vergewissere Dich, dass dieser eingeschaltet ist. Ebenso müssen Bildschirmvorhang oder ähniche Features, die inzwischen ja auch von den gängigen Desktop-Screen-Readern unterstützt werden, für den Scanvorgang ausgeschaltet werden.

Überblick über die Oberfläche

Threema Web zeigt nach erfolgreicher Verbindung die Hauptansicht an. Ganz oben befindet sich ein Verweis auf das angezeigte Hintergrundbild und die Batterieanzeige des iPhones. So kannst Du auch am PC oder Mac kontrollieren, wie voll Dein Akku noch ist.

Unterhalb der Überschrift ist eine Grafik mit Deinem Namen. Hier befindet sich der Zugang zu Deiner ID und weiteren Informationen. Du kannst auch diverse Angaben editieren, Deinen eigenen QR Code zum Scannen für jemand anderen anzeigen lassen usw.

Es folgt ein Menü-Schalter, über den Du Einstellungen für Threema Web aufrufen kannst wie Desktop-Benachrichtigungen und ob diese mit oder ohne Ton abgespielt werden sollen, sowie die Sitzung auch wieder beenden. Meldest Du Dich ab, werden alle geladenen Nachrichten- und Kontakteinhalte ordentlich von diesem Browser entfernt. Wählst Du „Sitzung löschen“, wirst Du nicht nur abgemeldet, sondern die Sitzung auch wieder aus Threema entfernt.

Es folgt eine Navigationsliste mit zwei Tabs, und hier wird es leider zur Zeit noch etwas hakelig. Es sind die Tabs Chats und Kontakte. Chats ist standardmäßig ausgewählt. Da diese Tabs aber noch nicht richtig ausgezeichnet sind, kommen viele Screen Reader nicht gut mit ihnen klar. Sie werden als Schalter vorgelesen, befinden sich aber in einem Listenfeld, was zu Verwirrung führen kann. Auch ist die Tastaturbedienung noch etwas eigenwillig. Das Problem liegt in der verwendeten Bibliothek von Benutzerinterface-Komponenten. Ich habe in den letzten Wochen mit den Entwicklern gearbeitet, damit sich diese Komponente verbessert, und die Entwickler von Threema Web haben signalisiert, dass sie die neue Version einbinden wollen, die die Fixes enthält, sobald diese offiziell veröffentlicht wurde. Solange muss man sich mit einigen Tricks behelfen, wenn man auf die Kontaktliste umschalten will, in dem man z. b. explizit mit Tab hin geht, vorübergend den virtuellen Cursor ausschaltet, um diese Schalter bedienen zu können usw. Eigentlich sind das wirklich zwei Tabs, und bald verhalten sie sich auch hoffentlich wie welche.

Darunter folgt die Liste mit den Chats oder Kontakten, je nachdem welcher Tab ausgewählt ist. Jeder Chat oder Kontakt ist ein Scalter, dessen Drücken bewirkt, dass der Inhalt in den Hauptteil geladen wird.

Unterhalb der Liste ist noch ein Menü, das bis jetzt nur mit „Menu“ beschriftet ist. Hier kann man einen neuen Chat, Kontakt oder eine neue Gruppe erstellen.

Und am Ende folgt dann noch die Fußzeile.

Chats navigieren

Hat man einen Chat ausgewählt, wird dieser im Hauptbereich geöffnet. Der Einfacheit halber wird er mit einer Überschrift eingeleitet, so dass dessen Anfang schnell zu finden ist. Darunter folgt erst eine Leiste mit Buttons für Infos (bei Gruppen) oder für den Einzelkontakt und dann eine Liste mit den zur Zeit geladenen Nachrichten, in der Regel die letzten 50.

Achtung: Dies ist eine Liste, die, sobald man oben ankommt, die nächsten älteren 50 Nachrichten nachlädt. Wenn die Liste also zuerst 50 Nachrichten hat, dann aber plötzlich 100, ist dies der Grund.

Befinden sich ungelesene Nachrichten in dem gewählten Chat, wird der Beginn dieser auch durch eine Überschrift angezeigt. Man kan also mit der Überschriftennavigation bequem an den Anfang der ungelesenen Nachrichten springen.

Unter Windows, zumindest in Chrome und Firefox, wird der Focus automatisch ins Eingabefeld für das Schreiben einer neuen nachricht gesetzt, und NVDA und JAWS schalten in den jeweiligen Fokus- bzw. Formularmodus. Zum Lesen von nachrichten also einmal Escape drücken und aufwärts navigieren, z. B. mit Umschalt+H eine Überschrift zurück.

Tipp: Jede Nachricht ist ein eigener Artikel. Mit JAWS kann man mit dem virtuellen Cursor also bequem von einer Nachricht zur nächsten springen, indem man die entsprechende Kurztaste drückt, standardmäßig also o bzw. Umschalt+o. Für NVDA empfehle ich das Installieren des Add-Ons Enhanced ARIA. Aktiviert im nun neuen Einstellungen-Bereich Enhanced ARIA das Kontrollfeld für Artikel, und ihr könnt mit d und Umschalt+D zwischen Artikeln wie zwischen allen anderen Regionen navigieren.

Threema Web kann auch Videos und Sprachnachrichten abspielen. Aufzeichnen kann es sie nicht, dafür muss man tatsächlich das Handy zur Hand nehmen.

Man kann auch Bilder und andere Dateien verschicken, die Dateien werden ganz normal mit dem Durchsuchen-Button und einem Öffnen-Dialog eingefügt.

Kontakte

Hat man einen Kontakt ausgewählt, erscheinen seine Details im hauptbereich. Auch der Kontaktbereich wird mit einer Überschrift eingeleitet. Darunter befinden sich Schalter zum Bearbeiten des Kontakts und zum Aufrufen des Chats mit diesem Kontakt. Hier kann man also entweder einen bestehenden öffnen und fortsetzen oder einen neuen beginnen.

Darunter folgen die Details des Kontakts wie die Threema ID, der Schlüsselfingerabdruck, das Profilbild, der Nickname, der eigens vergebene oder aus den Kontakten abgerufene Name und ob es sich um einen Systemkontakt handelt. Auch die Gruppenzugehörigkeit wird angezeigt.

Gruppen verwalten

Ist man selbst Admin einer Threema-Gruppe, kann man auch diese verwalten. Allerdings ist diese Funktion etwas versteckt. Gruppen haben keinen eigenen Tab. Man öffnet am einfachsten den Chat für die Gruppe und ruft oben oberhalb der Überschrift den Kontakt für die Gruppe auf. Dann bekommt man die Infos angezeigt und hat einen Bearbeiten Schalter. Hier kann man den Gruppennamen ändern, ein Gruppenbild hochladen und die Mitglieder verwalten.

Das Verwalten selbst ist etwas gewöhnungsbedürftig, weil das Autovervollständigen-Feld automatisch den Focus auf einen Namen setzt, wenn man diesen eintippt und er eine Übereinstimmung findet. Auch werden nicht wie bei Threema für iOS alle Kontakte auf einmal angezeigt, so dass man diese nur einfach an- oder abwählen kann.

Fazit

Threema Web ist im Gegensatz zu manch anderen Webinterfaces für Messenger richtig gut bedienbar. Ein großer Dank an die Entwickler von Threema Web, die sich nach einem Hinweis von mir da richtig hinter geklemmt haben, um das ganze möglichst zugänglich zu gestalten. Natürlich hakt es noch an ein paar Stellen (siehe oben), aber im Gegensatz zu vor ein paar Monaten ist das ein riesiger Unterschied. Ich durfte auch einige kleine Verbesserungen beisteuern, da es sich bei Threema Web um ein quelloffenes Projekt handelt, zu dem jeder was beitragen kann.

Natürlich werden im lauf der Zeit noch ein paar Dinge verbessert werden können, so ist im Moment kaum ein Label ins Deutsche übersetzt. Aber das sind Verbesserungen, die Stück für Stück in die neuen Versionen einfließen können, auch unabhängig von der iOS- oder Android-App.

Ich hoffe, euch gefällt Threema Web so gut wie mir, und ihr habt in Zukunft noch mehr Spaß am Schreiben von Nachrichten! Ich habe es in jedem Fall.

In eigener Sache: Alles neue macht 2019

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Nun ja, es ist schon ungewöhnlich, auf einer persönlichen Website etwas „in eigener Sache“ zu schreiben, aber diese Änderung rechtfertigt diese Überschrift, denke ich, schon. Denn es ändert sich einiges in 2019.

Einstellung der Consulting-Tätigkeiten

Die wichtigste Änderung betrifft die gelegentlichen Consulting-Tätigkeiten, die ich in den letzten Jahren neben meiner hauptsächlichen Tätigkeit bei Mozilla durchgeführt habe. Diese werden zum 01.01.2019 komplett eingestellt und das Angebot in der „Über-Mich-Seite“ wird nicht mehr erwähnt werden.

Der Hauptgrund ist, dass ich bei Mozilla mehr Verantwortung übertragen bekommen habe und diese Arbeit mich nun so sehr ausfüllt, dass mir für die Nebentätigkeit schlicht und einfach keine Zeit und Energie mehr bleibt. Denn neben dem Beruf gibt es ja auch noch so etwas wie ein Privatleben, welches ich nicht zu vernachlässigen gedenke. Außerdem weiß ich seit meinem Burnout 2007 sehr genau, wie wichtig es ist, sich nicht zu überlasten und die Akkus immer wieder aufzuladen.

Und genau hier lag in letzter Zeit eines der Probleme: Die Akkus wurden nicht mehr richtig aufgeladen, selbst im Urlaub nicht. Und das hing, wie ich nach einiger Zeit feststellte, unter anderem auch mit der Art der Consulting-Tätigkeiten zusammen. Ich mache diesen Web-Accessibility-Kram jetzt schon so lange und habe doch das Gefühl, nie wirklich was zu erreichen. Bei jedem neuen Klienten, bei jedem neuen Kontakt fange ich auch im Jahr 2018 immer noch mit denselben Basics an: Semantisches HTML, Alt-Texte auf Grafiken, richtig beschriftete Formularfelder, richtige Überschriftenhierarchie, richtige Tastaturnavigation. Das alles sind Dinge, die wir auch schon im Jahr 2000 gepredigt – ach nee, gelehrt – haben. Da ist noch nichts von WAI-ARIA oder gar irgendwelchen JavaScript-Bibliotheken des neuesten hypes dabei, die bis auf wenige Ausnahmen heute eine schlimmere Div-Soße produzieren als es Framesets und Layouttabellen jemals konnten. Klar gibt es für die auch inzwischen immer wieder Nachbesserungen, aber es ist eben genau das, man programmiert den unachtsamen Entwicklern hinterher, und dann muss man noch dafür sorgen, dass auch ja die zugänglichen Versionen irgendwie auch eingesetzt werden und nicht irgendwelche älteren Versionen im NPM-Stack liegen.

Kurzum: Ich kann und will das nicht mehr. Es gibt andere, die das heute viel besser können als ich, und ich habe seit Jahren das Gefühl, da gegen Windmühlen zu kämpfen. Klar gibt es auch immer wieder mal kleine Erfolge, aber die schaffen es nicht, den Berg an immer wieder demselben Krempel irgendwie erträglicher zu machen.

Und auch, dass ich im Jahr 2018 immer noch einen ganzen Saal voller Konferenzteilnehmer bei einem Talk einfach dadurch begeistern kann, dass ich einen Screen-Reader nutze, ist irgendwie frustrierend. Das zog im Jahr 2000, vielleicht auch noch 2005 und mit einem Touchscreen in 2010 oder 2013. Aber 2018? Gimme a break!

Daher werde ich mich in Zukunft ganz auf meine Aufgaben bei Mozilla konzentrieren, denn dort habe ich tatsächlich noch einiges zu bewegen. Dies ist gerade auch nach der Ankündigung Microsofts, in Zukunft keine eigene Browserengine mehr zu entwickeln, sondern auf Chromium zu setzen, wichtiger denn je und verleiht meiner Entscheidung unerwartet noch mehr Gewicht für mich selber.

Ich weiß, einige von euch werden jetzt einwenden, dass ich durch meine Arbeit viel mehr beeinflusse, als ich selber wahrnehme usw. Das mag alles stimmen, aber immer den gleichen Kram zu machen, inzwischen gefühlte 20 Jahre lang, ermüdet irgendwann. Und das Gefühl kann und will ich nicht länger ignorieren oder wegdiskutieren.

Fokusanpassung für das Blog

Dieses Blog wird im Zuge der obigen Änderungen auch einen neuen Fokus bekommen. Ich werde hier in Zukunft noch viel verstärkter über Technologien, die mich interessieren, bloggen und nicht mehr so darauf bedacht sein wie früher, dass dies auch irgendwie was mit meiner Consulting-Tätigkeit zu tun hat. So werden sich auch verstärkt Nicht-Web-Themen finden wie Hilfsmittel für Blinde, Erfahrungen mit neuen Technologien aus meiner ganz persönlichen Sicht usw. Es wird eben tatsächlich ein persönliches Blog werden.

Die bisherigen Inhalte bleiben schon aus Archivgründen natürlich bestehen und werden, wenn nötig, auch aktualisiert.

Gute Wünsche fürs nächste Jahr

Und jetzt bleibt mir nur noch, allen treuen und neuen Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2019 zu wünschen. Ich bin schon gespannt, welche Dinge wir zusammen im kommenden Jahr hier erforschen werden. Ihr auch?

iOS 12.2: Warnung vor folgenschwerer neuer VoiceOver-Einstellung

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iOS 12.2 erschien am 25.03.2019 und bringt eine neue Einstellung in der Bedienungshilfe VoiceOver mit. Diese ist standardmäßig eingeschaltet, mit schwerwiegenden Implikationen für die Privatsphäre.

Die Einstellung findet sich unter Einstellungen/Allgemein/Bedienungshilfen/VoiceOver im neuen Unterpunkt „Web“, der neu ganz am Ende der Liste der Einstellungen hinzugekommen ist. Sie heißt Bedienungshilfen-Events und ist standardmäßig eingeschaltet. Apple selbst erklärt darunter die Einstellung wie folgt:

Die Option „Bedienungshilfen-Events“ ermöglicht es Websites, ihr Verhalten für Hilfstechnologien wie z. B. VoiceOver anzupassen. Wenn die Option aktiviert wird, zeigt sich, ob auf deinem iPhone Hilfstechnologien aktiv sind.

Im Klartext heißt dies, dass, sofern diese Einstellung nicht geändert wird, jede Webseite, die ihr mit dem Safari besucht, abfragen kann, ob VoiceOver oder eine andere Hilfstechnologie des iPhones aktiv ist und darauf reagieren. Im am wenigsten schlimmen Fall kriegt ihr nur eine Nur-Text-Version. Die 1990er haben angerufen und wollen ihren Lynx-Browser zurück. Im schlimmsten anzunehmenden Fall jedoch werdet ihr aktiv diskriminiert. Entweder werden Angebote nicht angezeigt, weil man euch aufgrund einer vermeindlichen Behinderung nicht für geschäftsfähig hält, oder es werden schlicht und einfach Daten erhoben, die einem gierigen Chefetagen-Menschen zeigen, wie viele oder wenige Leute mit einer vermeindlichen Behinderung die Webseite besuchen. Daraufhin trifft dieser gierige Chefetagen-Mensch dann die Entscheidung, dass es gar nicht nötig ist, die Webseite in Zukunft zugänglich zu machen. Andere Dinge sind viel wichtiger, um seine Taschen mit dem nächsten Quartalsbonus noch weiter zu füllen als die paar Behinderten, die eventuell mal zufällig auf der Seite seiner Firma vorbeischauen könnten.

Es wird hier also aktiv mitgeteilt, ob ihr eine Behinderung haben könntet. Das ist ein Fakt, der, meiner Meinung nach, keinen Webseitenbetreiber etwas angeht, es sei den, ihr entschließt euch dazu, es selbst mitzuteilen, weil es z. B. eine Ermäßigung gibt. Aber ohne weitere Zustimmung dies automatisiert mitzuteilen halte ich für höchst verwerflich. Das zusammen mit den Möglichkeiten des Browser-Fingerprintings, also der eindeutigen Identifizierung durch diverse Verfolgungs-Techniken, ermöglicht auch politisch nicht freundlich gesinnten Organisationen eine aktive Verfolgung von Menschen mit Behinderung im Web.

Diese Idee ist nicht neu. Schon 2013 gab es im Rahmen des damaligen IndieWeb-Projekts Bestrebungen, unter anderem betrieben von Apple, eindeutig identifizierbar zu machen, ob jemand, der eine Webseite besucht, einen Screen Reader oder ähnliches verwendet. Das Projekt scheiterte, unter anderem auch wegen Blog Posts von Léonie Watson, mir und einigen anderen Aktivistinnen und Aktivisten, die sich ganz klar gegen eine solche Praxis aussprachen.

Dass Apple jetzt einen eigenen Weg geht und Nutzern im Rahmen eines eigentlich kleineren Updates diese weitreichende Änderung unterjubelt, ist ein sehr schändliches Verhalten. Es musste dafür nicht mal eine neue Version einer Datenschutzrichtlinie für diese doch sehr persönliche und personenbezogene Angabe erteilt werden. Ich halte das für sehr sehr üble Geschäftspraxis, die allem entgegen steht, was Apple öffentlich so über Nichtdiskriminierung oder ähnliches sagt. Der Grundsatz „Don’t be evil“ (sei nicht bösartig“ scheint im Silicon Valey allgemein nicht mehr zu gelten.

Meine Empfehlung also: Nach dem Update sofort diese Option abschalten und regelmäßig kontrollieren, ob weitere Updates sie nicht vielleicht doch wieder aktivieren.

Nachtrag

Per E-Mail erreichte mich soeben der Hinweis, dass auch das MacOS Update auf 10.14.4, das am gleichen Tag erschien wie iOS 12.2, diesen Eintrag enthält, im VoiceOver Dienstprogramm, Unterpunkt Web, auf der Registerkarte Allgemein. Also auch mac-OS-Nutzer, die VoiceOver laufen haben, übermitteln im Safari zukünftig standardmäßig diese Information an Webseiten. Vielen Dank an Peter für den Hinweis!


Telegram ist jetzt unter iOS und Android zugänglich

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Der Messenger Telegram war blinden handybenutzern bisher durch fehlende Barrierefreiheit verschlossen. Mit dem letzte Woche erschienenen Update ändert sich das nun.

Am 24.03.2019 hat Telegram ein großes Update veröffentlicht, in dem es einige neue Privatsphärefunktionen gibt. Für viele Lesende dieses Blogs wichtiger ist jedoch, dass dieses Update unter iOS jetzt VoiceOver unterstützt und unter Android die Kompatibilität mit TalkBack verbessert wurde. Zitat aus dem Blogbeitrag:

We’ve added support for accessibility features – VoiceOver on iOS and TalkBack on Android. These gesture-based technologies give you spoken feedback so that you can use Telegram without seeing the screen.

Diese allgemein gehaltene Angabe beschreibt nicht annähernd, welch großer Schritt hier vollzogen wurde. Die Apps sind von quasi nicht zugänglich zu einer fast vollständig zugänglichen Version weiterentwickelt worden. Ein sehr begrüßenswerter Fortschritt!

Telegram unterstützt neben Textnachrichten ebenfalls die bei Blinden ja sehr beliebten Sprachnachrichten, Videonachrichten und Sprachanrufe sowie das Versenden beliebiger Dateien. Das Aufzeichnen von Sprachnachrichten funktioniert wie bei WhatsApp: Schalter fokussieren, doppeltippen und halten, und entweder so lange festhalten, bis man fertig ist, oder nach oben wischen, um die Aufnahmetaste „einzurasten“ und dann separat unten rechts auf den Senden Button doppeltippen, um die Sprachnachricht abzuschließen und abzuschicken. Dies gilt für iOS und Android gleichermaßen.

Es sind noch nicht alle Bereiche zugänglich, so sind z. B. die Dateiauswahlen beim Anfügen von Medien an eine Nachricht noch mit vielen unbeschrifteten Buttons gepflastert. Das weiß das Telegram Team aber auch selbst und arbeitet an Verbesserungen, wie eine Antwort des deutschsprachigen Support-Teams an Balou auf Twitter zeigt.

Bei den offiziellen Desktop-Apps sieht es leider längst nicht so gut aus. Zumindest die Windows-Variante ist zur Zeit gar nicht zugänglich, wie ein Kurztest von mir heute ergab, und die Mac-Variante, die ich vor zwei Jahren mal probiert habe und die auf der gleichen Bibliothek visueller Komponenten aufbaut, teilt dieses Schicksal. Auf dem Desktop ist lediglich Telegram Web mit Abstrichen zu gebrauchen. Es sind nicht alle Buttons und Links beschriftet, und den Nachrichtenverläufen fehlt definitiv etwas vernünftige Struktur. Aber wenn man sich einmal eingefuchst hat, geht’s so einigermaßen.

Eine vielversprechende Entwicklung für Windows 10 gibt es beim Projekt Unigram, einer universellen Windows-App. Diese stammt aus der Community, nicht von den Machern von Telegram, baut aber auf deren offiziellen Programmierschnittstellen und Bibliotheken auf. Diese ist im Zuge der kürzlichen Veröffentlichungen ebenfalls zugänglicher gemacht worden und läuft mit einigen Abstrichen ganz ordentlich. Die Community scheint aber sehr aktiv zu sein, so dass hier sicher in Kürze noch weitere Verbesserungen zu erwarten sind. Die App also am besten über den Windows Store installieren und dadurch immer auf dem aktuellen Stand bleiben.

Es ist auf jeden Fall erfreulich, dass auf Handys neben dem Platzhirschen WhatsApp, Threema und Signal jetzt auch der durchaus verbreitete Messenger Telegram für Blinde und Sehbehinderte zugänglich gemacht ist. Er ermöglicht so eine bessere Teilhabe an sozialen Aktivitäten, und Telegram erfreut sich als WhatsApp-Alternative inzwischen recht großer Beliebtheit, weil es im Gegensatz zu allen drei anderen genannten Messengern auch vom Handy unabhängig auf dieselben Nachrichten, mit Ausnahme geheimer Chats, zugreifen kann. Lediglich die geheimen Chats, die ende-zu-ende-verschlüsselt sind, sind geräteabhängig, weil die dafür benötigten Schlüssel auf den Geräten der beiden beteiligten Nutzer generiert und sonst nirgendwo gespeichert werden.

Viel Spaß also beim Ausprobieren von Telegram! Mich findet man dort natürlich jetzt auch.

Rabattaktion bis 31.12.: Threema zum halben Preis

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Von heute an bis zum Jahresende ist Threema zum halben Preis zu haben. Jetzt zugreifen!

Threema ist ein sehr sicherer Messenger für Handys. Er ist eine datenschutzfreundliche WhatsApp-Alternative. Er bringt Sprachnachrichten, Abstimmungen, man kann Standorte teilen, Fotos und Videos verschicken sowie andere Dokumente teilen. Er ist außerdem sowohl unter iOS als auch Android zugänglich, und auch die Web-Version ist gut bedienbar.

Und wer Threema installiert hat und mir dort schreiben möchte: Bitte schön!

Gutenberg in der WordPress App nutzen

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Auch in der WordPress App für iOS und Android gibt es den Block-Editor Gutenberg inzwischen. Er ist zugänglich und kann auch dort genutzt werden. Hier ein paar Tipps.

Wer zuerst noch einmal nachlesen möchte, ich hatte neulich ein paar Tipps zum Umgang mit Gutenberg im Browser bzw. der WordPress Desktop-App gegeben. Auch die WordPress App für iOS und Android beinhaltet inzwischen den Block-Editor, auch visueller Editor genannt, den man mit VoiceOver bzw. TalkBack nutzen kann. Diese Oberfläche ist sogar etwas einfacher gebaut als die der Desktopoberfläche und für manche zum Einstieg daher eventuell besser geeignet. Die WordPress App setzt einen WordPress-Account voraus und bei selbst gehosteten Blogs das Vorhandensein des Jetpack-Plugins.

Startet man in der WordPress App einen neuen Beitrag, gibt man auch hier wie üblich erst den Titel ein. Bei Druck auf Eingabe wird automatisch ein Absatzblock eingefügt. Oberhalb der Tastatur bzw. unten am Bildschirmrand, wenn man eine externe Tastatur verwendet, befindet sich eine Symbolleiste. Diese ist teilweise abhängig von der Art des Blocks. Im Absatzblock z. B. kann man hier Fett, Kursiv, Unterstreichen ein- und ausschalten oder einen Link einfügen. Hat man aber einen Überschrift-Block im Fokus, findet man hier die Umschalter für die Überschriftenebene.

Allen Symbolleisten gemein ist aber ein Button ganz links, über den nämlich ein neuer Block hinzugefügt wird. Dieser öffnet eine Überlagerung, wo man dann den Blocktyp auswählen kann. Noch nicht alle Blöcke werden auch von Gutenberg Mobile unterstützt, aber es werden mit jedem WordPress Release mehr. Der Block wird immer unterhalb des aktuell im Fokus befindlichen Blocks eingefügt. Will man also auf jeden Fall am Ende einfügen, sollte man also den letzten vorhandenen Block auswählen. Aber wenn man das versehentlich nicht gemacht hat, kann man, sobald der neue Block im Fokus ist, mit zwei Schaltflächen, die in der Wischreihenfolge dem Textfeld nach folgen, den Block hübsch nach unten verschieben, bis es nicht mehr geht. Dann ist er am Ende des vorhandenen Beitrags.

Die zur Zeit nicht im Fokus befindlichen Blöcke werden zusammengefaltet und sind als Schaltflächen mit Positionsangaben auffindbar. So wird die Position in Zeilenform angegeben. man kann sich seinen Beitrag also wie eine Art Gitternetz vorstellen, in dem die Blöcke liegen. Man kann mit Gutenberg ja auch mehrspaltige Layouts erzeugen, so dass die Blöcke dann ähnlich wie auf einem Spielbrett in vorgefertigte Zeilen- und Spalten verschoben werden können. Auf großen Touch Screens bekommt man so sogar ein bisschen einen Eindruck davon, wo am Ende was im Beitrag erscheinen wird.

Zu jedem Block spricht der Screen Reader den Typ, die Position und am Ende den Textinhalt. Diese ausführliche Ansage soll demnächst auch in Gutenberg für Desktop im Navigationsmodus (siehe Einführung) gesprochen werden, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wo was angeordnet ist. Das soll vereinheitlicht werden, damit man überall die gleichen Ansagen bekommt.

Spielt also doch gern mal mit den Blöcken herum und verschafft euch so ein Gefühl dafür, wie ihr in Zukunft ganze WordPress-Seiten richtig ansprechend gestalten könnt, auch als Blinde. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Lesetipp für HTML-Grundlagen

Mitglied des WordPress-Accessibility-Teams und Gutenberg-Contributor

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Meine kürzlich verfassten Blogbeiträge zu Gutenberg (auf englisch) haben zu einigen Entwicklungen geführt.

Zum einen bin ich jetzt offiziell Mitglied des WordPress Accessibility team von WordPress. Dies zeigt sich auch auf meinem WordPress.org-Profil. Das Team besteht hauptsächlich aus Freiwilligen.

Die zweite Veränderung ist, dass ich seit kurzem Contributor im Gutenberg-Projekt auf Github bin. Ich hatte kurz zuvor meine ersten beiden Pull Requests eingereicht, und sie wurden angenommen. Ich kann jetzt also auch Patches von anderen einem Review unterziehen, Bugs und Pull Requests mit Labels versehen usw.

Ich hoffe, durch meine Beiträge die Zugänglichkeit von Gutenberg und WordPress weiter voranzubringen. Ich danke dem Accessibility-Team und den Hütern des Gutenberg-Projekts für die warmherzige Aufnahme in die Teams!

Ein frohes Chanukka

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Allen meinen Lesern, die es feiern, wünsche ich ein frohes Chanukka-Fest!

Chanukka wird in diesem Jahr vom Sonnenuntergang des 22. Dezember bis zum 30. Dezember gefeiert und fällt somit zufällig auch mit dem christlichen Weihnachtsfest zusammen. In London wurde das Chanukka-Fest in diesem jahr vom muslimischen Bürgermeister der Stadt vom Weihnachtsbaum aus eröffnet. In Zeiten, wo so viel entzweiendes Gedankengut wieder stärker wird und versucht, die sich zum besseren entwickelnde Welt durch ihre Rückständigkeit zurückzuwerfen, sind diese verbindenden Ereignisse meiner Meinung nach extrem wichtig.

Und hier noch ein musikalischer Gruß zum Fest von einer unserer Lieblings-Bands, den Kanadiern Walk Off The Earth zusammen mit Scott Helman.

Frohe Weihnachten 2019!

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Allen, die diesen Blog lesen und es feiern, wünsche ich ein frohes, besinnliches, harmonisches Weihnachtsfest!

Tja, das war er, mein erweiterter Adventskalender. 30 Tage lang habe ich euch mit Infos versorgt, ein paar Tutorials geschrieben, ein paar Gedanken geteilt, oder auch mal nur einen alten Blogbeitrag neu empfohlen, weil er immer noch aktuell ist. Es gab ein paar Rabattaktionen, auf die ich hinweisen konnte, und die vielleicht jemandem von euch geholfen haben. Auf manche Beiträge gab es Kommentare, auf viele nicht, aber sie hatten alle ihre Leserschaft, und darüber freue ich mich.

Auch freue ich mich über jeden Kaffee, der mir über das Blog ausgegeben wurde.

Nun wünsche ich euch, sofern ihr es feiert, ein Weihnachtsfest, das euren Vorstellungen entspricht. Vielleicht mit Familie, vielleicht mit Menschen, die diesen Platz einnehmen, obwohl ihr nicht blutsverwandt seid, vielleicht allein, sofern ihr es euch ausgesucht habt. Auf jeden Fall hoffe ich, dass ihr das Fest so verbringen könnt, wie ihr es euch vorstellt. Und wenn es jemanden gibt, der Hilfe braucht, wendet euch an die Telefonseelsorge, oder schaut auf eurem bevorzugten Social Media Kanal nach, es gibt eigentlich immer jemanden, der euch hört und für euch da ist.

Wir verbringen dieses Jahr den Heiligabend bei meinen Eltern. Meine Schwester ist aus Wien auch angereist. Während dieser Blogbeitrag veröffentlicht wird, sitzen wir gerade im Zug. Wie Robbie Williams es auf seinem aktuellen Weihnachtsalbum singt: Home for Christmas. Und damit verabschiede ich mich für einige Tage von hier. Im nächsten Jahr, oder vielleicht auch schon davor, geht’s weiter.

Frohe Weihnachten!


Neu gestaltete Twitter iPad App

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Die Twitter App fürs iPad hat in den letzten Wochen ein neues Design bekommen. Hier mal die wichtigsten Änderungen und wo man jetzt was wiederfindet.

In den letzten Wochen wurde nach und nach ein neues Design für die iPad App von Twitter ausgerollt. Wenn ihr, wie ich, diese App gern nutzt, habt ihr das neue Design vielleicht schon bekommen. Bei mir kam es von einem Neustart zum nächsten, ohne explizites App-Update, am 31.12.2019 an. Die gute Nachricht zuerst: Für VoiceOver-Nutzer gab es zumindest mal keine Rückschritte bei der Barrierefreiheit. Aber die neu gestaltete Oberfläche bietet einige Überraschungen, was wo hin gerutscht ist.

Da wären zunächst einmal die Tabs. Die waren bisher unten am Rand angeordnet. Betreibt man wie ich das iPad im Querformat, rutschen diese Tabs nun an den linken Rand. Und sie werden zahlreicher. Gab es bisher nur die Tabs für Startseite, Entdecken, Mitteilungen und Direktnachrichten, kommen jetzt weitere dazu wie Lesezeichen, Listen, Profil, und Mehr. Sie sind folglich jetzt auch senkrecht angeordnet.

Die Tweets nehmen jetzt auch nicht mehr die gesamte Breite des Bildschirms ein. Sie befinden sich rechts von den Tabs und können nach wie vor sequentiell durch Wischgesten gelesen werden. Das rechte Drittel des Bildschirms nimmt jetzt aber eine Seitenleiste ein, die oben ein Suchfeld und darunter aktuelle Trends enthält. Diese bleibt auch sichtbar, wenn man auf andere Tabs umschaltet. Lediglich bei den Direktnachrichten verschwindet sie, weil diese Ansicht ja naturgemäß zweigeteilt ist, nämlich links die Liste der Direktnachrichten und rechts die Anzeige des Nachrichtenverlaufs, wenn man links einen ausgewählt hat. Außerdem ändert sich die Anzeige bei Suchen und Entdecken. Die Trends rutschen dann von rechts in die Mitte, und rechts wird eine Liste von Folgeempfehlungen gezeigt.

Unter dem Tab „Mehr“ findet man jetzt die Moments und Themen sowie die Anzahl der Follower und Gefolgten, die Einstellungen, den Umschalter für den Dunkelmodus und, sofern konfiguriert, oben weitere Accounts, auf die man hier umschalten kann. Dies entspricht also weitgehend dem, was bisher unter der Taste „Account-Menü“ oben links verborgen war. Interessanterweise heißt der Button, der jetzt die Zurück-Funktion einnimmt, immer noch Account-Menü und hat als Hinweistext für Voiceover den Hinweis, dass das Account-Menü geschlossen wird. Das stimmt auch, es ist nur verwirrend, weil es eigentlich reichen würde, hier so was wie eine Standard-Zurück-Schaltfläche zu nehmen. Das wurde beim neuen Design wohl noch übersehen. 😉

Dreht man das iPad in der Hauptansicht übrigens ins Hochformat, bleiben die Tabs links, lediglich die Seitenleiste auf der rechten Seite verschwindet eventuell. Zumindest bei meinem iPad Air 3 ist das so, wahrscheinlich auch beim iPad 10.2“ und den kleineren iPads. Das iPad Pro 11“ oder 12,9“ könnte die Seitenleiste eventuell trotzdem beibehalten, weil die Bildschirmdiagonale ja deutlich größer ist und die Auflösung entsprechend höher.

Dieses Design entspricht übrigens weitgehend jetzt dem, das man auch im Browser bekommt, wenn die Bildschirmauflösung entsprechend hoch genug ist. Dies gilt sowohl für den Safari auf dem iPad als auch z. B. Firefox unter Windows. Der virtuelle Cursor des Screen Readers verdeckt vieles von dem, aber wenn man z. B. Einen Windows-PC mit Touch Screen hat, wie ein Microsoft Surface, und den Bildschirm mit den Fingern erkundet, wird man in der inzwischen überall benutzten modernen Twitter Web App das gleiche Layout finden. Lediglich das Wischen von Tweet zu Tweet ist unter Windows nicht gegeben, weil hier jedes Element, aus dem ein Tweet besteht, direkt ansteuerbar ist und nicht so schön komfortabel wie in der nativen App mit VoiceOver Rotor-Aktionen. Da empfehlen sich die Shortcuts und das Abschalten des virtuellen Cursors, um effektiv durch die Tweets zu scrollen. Mac-User brauchen natürlich keinen virtuellen Cursor abschalten, sollten aber die Schnellnavigation mit Druck auf die rechte und linke Pfeiltaste ausschalten, um z. B. J und k nutzen zu können, um von Tweet zu Tweet zu springen.

Ich hoffe, mit diesen Hinweisen findet ihr euch schnell wieder zurecht, wenn ihr die Twitter-App auf dem iPad nutzt und das neue Design auch bekommt.

Facebook mit automatischer Texterkennung

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Facebook hat am Mittwoch eine mehrsprachige Erkennung für Texte in Bildern eingeführt. Diese ist nun Bestandteil der automatischen Bilderkennung.

Die Texte werden mindestens auf deutsch und englisch erkannt, vermutlich aber auch noch in vielen weiteren Sprachen. Screenshots stellen somit nun eine deutlich geringere Barriere dar. Auch wird man nun Apps wie Seeing AI viel seltener aus Facebook heraus bemühen müssen.

‪Außerdem ist das vor Weihnachten eingeführte Absturzproblem mit VoiceOver in der iOS-App mit dem neuesten Update behoben worden. Man kann die App endlich wieder nutzen.‬

Geänderte Tastaturnavigation in Gutenberg 7.2

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Die Pluginversion von Gutenberg ist in dieser Woche in Version 7.2 erschienen. Sie beinhaltet eine geänderte Tastaturnavigation.

Vorwort

Torsten Landsiedel hat das #Projekt26 neu gestartet. Die Regel ist, dass alle zwei Wochen ein Blogartikel zu WordPress erscheint und ein anderer Blogbeitrag kommentiert wird. Ich habe bisher noch nie an so etwas teilgenommen, finde das aber eine tolle Idee und steige jetzt mal frisch mit ein.

Neue Tastaturbedienung

Wenn Du in Deinem Blog Gutenberg als Plugin einsetzt, hast Du in dieser Woche ein Update erhalten. Dieses behinhaltet neben vielen weiteren Neuerungen und Änderungen auch eine effizientere Navigation mit der Tab-Taste.

Bisher ist die Tab-Taste streng der Dokumentenreihenfolge gefolgt. Ist man z. B. In einem Absatzblock und drückt Tab, landet man auf der dynamisch neu eingefügten Symbolleiste des nächsten Blocks. Man kann mit der Tab-Taste so nicht ohne weiteres in die rechte Seitenleiste gelangen. Es gibt dafür eine Lösung, einen Tastaturbefehl, aber der ist nicht offensichtlich und funktioniert nicht zuverlässig in allen Tastaturlayouts.

Andererseits verhält sich Umschalt+Tab bisher auch etwas ungenau, meistens landet man auf dem Button zum Einfügen eines weiteren Blocks, manchmal, je nachdem ob Text markiert ist oder nicht, aber auch in der Symbolleiste. Außerdem landet Tab gern mal auf Elementen, die gar nicht mit der Tastatur bedient werden können. Für die Symbolleiste ist auch ein Tastaturkürzel vorhanden, der auch schon im klassischen Editor die Symbolleiste aktivierte: Alt+F10.

In der gerade erschienenen Version 7.2 wurde das Verhalten der Tab-Taste geändert. Von einem Block aus wandert man jetzt in die Seitenleiste, um dort Einstellungen für den aktuellen Block vorzunehmen. Umschalt-Tab geht in den gerade aktiven Block zurück. Aus diesem heraus wandert man mit Umschalt+Tab weiter zurück in die Symbolleiste für den Block. Auch werden keine Elemente mehr angesprungen, die nicht mit der Tastatur bedient werden können, wie z. B. Der Anfasser, um einen Block mit der Maus zu verschieben.

Mit dieser Änderung soll erreicht werden, dass man mit dem Block Editor leichter mit der Tastatur umgehen kann, ohne erst viele exotischere Tastaturkürzel lernen zu müssen.

Dieses Blog ist umgezogen

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Wie ich während meines erweiterten Adventskalenders 2019 schon ankündigte, ist dieses Blog ab sofort wieder selbst gehostet. Hier ein paar Einzelheiten.

Kurz nachdem ich den oben verlinkten Beitrag geschrieben habe, habe ich angefangen, mit mir zu ringen. Wollte ich tatsächlich den zugegeben sehr großen Komfort des bei WordPress.com gehosteten Blogs aufgeben? Nach Wochen des inneren hin und her beschloss ich am vergangenen Wochenende endgültig, die Sache, die ich angekündigt hatte, durchzuziehen.

Mehrere Faktoren waren dafür ausschlaggebend, nicht aber zuletzt der Preis. Gerade wenn man selbst mit Plugins noch Funktionen nachrüsten will, langt Automattic beim Business-Tarif ganz schön zu. Dies ist der kleinere von zwei Tarifen, die überhaupt die Installation von Plugins erlauben.

Und außerdem ist mir die Unterstützung des nichtkommerziellen Open-Source-Projekts WordPress zu wichtig, um es nicht durch ein eigenes Hosting und somit die direkte Nutzererfahrung zu unterstützen und im Rahmen meiner Möglichkeiten in Zukunft die eine oder andere Verbesserung einzureichen.

Allerdings war mir auch klar, dass ich auf diverse Features nicht verzichten wollte, die WordPress.com mir bot, die Automattic im Rahmen von Jetpack zum Glück aber auch selbstgehosteten WordPress-Installationen anbietet. Zu meiner Freude muss ich sagen, dass die Installation von Jetpack inzwischen keine Bremse mehr für das eigene Blog ist, wie dies lange Zeit der Fall war. Ich nutze für Jetpack einen bezahlten Tarif, um einige Funktionen mehr als nur die Basisfunktionen nutzen zu können.

Bei der Wahl des Hosters tat ich mich erst schwer. Ich probierte zwei Hoster aus, die mir empfohlen wurden, landete aber letztendlich bei den Ubernauten. Dies bieten mir den barrierefreiesten Zugang zu Serveradministration und vielen weiteren Features, und zwar aufgrund der Tatsache, dass fast alles über die Kommandozeile passieren kann. Text rein, Text raus, keine grafischen Schnörkeleien oder Oberflächen außerhalb von WordPress, die auf einmal nach einem update nicht mehr zugänglich sein könnten oder es, wie in einem von mir getesteten Fall, von vorn herein gar nicht waren.

Die letzten Tage verbrachte ich also damit, mein englischsprachiges Blog und danach dieses hier auf zwei Uberspaces umzuziehen, für jedes Blog einen, Follower, Statistiken und Funktionen zu migrieren bzw. neu einzurichten, und natürlich auch die Beiträge und Kommentare alle wieder zu importieren. Hierfür gibt es zum Glück von Automattic bereitgestellte Migrationswerkzeuge, die die Arbeit erheblich erleichtern.

Ich habe also alles wieder unter viel mehr eigener Kontrolle. In diesem Zusammenhang finde ich das Manifest zu Open Blogging von Robert Lender sehr schön und kann mich dem Geiste dieses Manifests nur anschließen. Trotz neuer und wiederkehrender Social-Media-Aktivitäten ist mir mein Blog immer das liebste und wichtigste Medium, um meine Inhalte zu veröffentlichen. Twitter ist zum schnellen Raushauen irgendwelcher Gedanken oder um auch mal über etwas zu schimpfen, sich zu freuen, aber etwas, das schnell auch wieder in Vergessenheit gerät. Facebook ist .. nun ja … Facebook, für mich hauptsächlich dazu da, um mit anderen in Kontakt zu bleiben. Mastodon ist wichtig und eine gute Alternative. Aber mein eigenes Blog ist immer was besonderes gewesen und wird es bleiben. Und ich freue mich über jede Interaktion, die hier stattfindet, über jeden Kommentar, jede Diskussion. Gern weiter so!

Showdown ausprobiert und für gut befunden

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Ich war am gestrigen Freitag beim Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg und habe das erste Mal Showdown ausprobiert. Hier mein Bericht.

Die Idee, Showdown bzw. Tischball, wie es in Deutschland auch bekannt ist, auszuprobieren, kam mir Mitte dieser Woche, nachdem ich das Gefühl hatte, mal was Neues ausprobieren zu wollen. Tischball ist eine auf die Bedürfnisse Blinder und Sehbehinderter abgestimmte Sportart, die dem Tischtennis ähnelt. Ich hatte schon einiges darüber gelesen, es aber bisher weder als Zuschauer miterlebt noch selbst gespielt.

Ich suchte also die Kontaktinformationen für Hamburg heraus, musste aber feststellen, dass diese auf der Seite des deutschen Showdown-Verbandes zur Zeit gar nicht aktuell sind. Glücklicherweise hat der Blinden- und Sehbehindertenverein die aktuellen Infos auf seiner Website.

Der ehemalige Teamleiter, den ich noch aus meiner Schulzeit kenne, hat meine Anfrage dankenswerterweise prompt weitergeleitet. Basili, eines der Mitglieder der aktuellen Mannschaft, kontaktierte mich dann schnell, wir hatten ein angenehmes Gespräch, und am Freitagabend waren wir zum Reinschnuppern verabredet.

Pünktlich um 17 Uhr fand ich mich also beim Louis-Braille-Center ein. Neben Yvonne und Basili waren auch noch zwei andere erst kürzlich dazugestoßene Spieler dabei. Wir waren also zu fünft. Es war eine der beiden Platten im Raum Elbe aufgebaut. Zur Einführung bekam ich Handschuhe, Schläger, Ball und natürlich die Platte selbst gezeigt. Ich fand auch schnell einen Schläger, der mir von der Griffart gut gefiel. Ich habe keine großen Hände, und der Schläger sollte ja gut dazu passen. Basili hatte intuitiv einen Schläger für mich rausgesucht, der sehr gut passte.

Danach hieß es erst einmal zuhören. Ich wollte mir erst einmal anhören, wie ein Spiel überhaupt abläuft, bevor ich selbst ernsthaft zum Schläger griff. Ich merkte schnell, dass das Spiel sehr dynamisch ist, mal langsame Ballwechsel, dann wieder sehr rasant und mit viel Bande. Auch begriff ich schnell einige der Regeln in der Praxis.

So muss der Aufschlag als erstes in der eigenen Hälfte die Bande berühren, damit er gültig ist. Der Ball muss unter dem Netz in der Mitte der Platte durchgespielt werden. Trifft er sie, weil er eben nicht rollt, sondern hoch gespielt wird, ist dies ein Regelverstoß und führt zum Strafpunkt. Die Zählweise für reguläre Tore und Strafpunkte hatte ich auch ganz schnell kapiert.

Nach zwei miterlebten Spielen ging es ans erste eigene Aufwärmen und erste Spiel. Mein erster Gegner war Ishaq, einer der beiden Fast-Neulinge. Der Start war holprig und hektisch. Ich musste mich natürlich erst einmal an das Spiel gewöhnen, begreifen, wie ich den Schläger führen muss, wie man Bälle stoppt, aufschlägt, einklemmt oder auch mal versehentlich ins eigene Tor bugsiert. 🙂 Ich erzielte aber auch tatsächlich in diesem ersten Spiel schon ein paar Ehrenpunkte, verlor das Spiel aber erwartungsgemäß.

Das zweite Spiel bestritt ich gegen Yonis. Er spielte ganz anders als Ishaq, seine Bälle waren härter und schneller und brachten mich ziemlich aus der Puste. Das Spiel verlor ich, wenn ich mich recht erinnere, mit höherem Punkteabstand. Aber auch hier schaffte ich ein paar Ehrenpunkte.

Danach machte ich eine Pause und hörte Yvonne und Basili bei einem schnellen Spiel zu. Das brachte mich selbst beim Zuhören schnell außer Atem. Ich merkte aber auch, wie gut ich bereits jetzt dem Spielverlauf folgen konnte. Ich stand auf Höhe der Mittelplatte und hörte z. B. Aufschlagfehler, Netzberührungen und wo der Ball von wem gefangen, abgewehrt wurde, wo Aufschläge hin gingen und andere Feinheiten.

Im weiteren Verlauf des Abends spielte ich auch jeweils noch ein Spiel gegen Yvonne und Basili, verlor beide, schaffte es in einem der beiden Spiele aber sogar ziemlich dicht an den Gewinn heran. Ich wurde ruhiger, geduldiger, ließ Bälle kommen und versuchte sie nicht gleich hektisch abzuwehren. Das Spiel mit der Kontrolle und Variation der Geschwindigkeit fasziniert mich.

Und ich fühlte mich an meine Kindheit und Jugend erinnert. Ich habe selbst mal versucht, Tischtennis zu spielen, war damit aber nicht wirklich erfolgreich. Aber als Schiedsrichter habe ich später sehenden Klassenkameraden geholfen, denn beim Tischtennis ist es ganz ähnlich, man braucht einen Ball nicht zu sehen, um dem Spielverlauf folgen zu können, wenn man neben der Platte sitzt oder steht. Ich wurde sogar öfter gefragt, ob ich als Schiedsrichter fungieren wolle. Jetzt Showdown zu spielen fühlte sich richtig gut an und hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Nach dem Sport kam noch ein sehr nettes Beisammensitzen mit Yvonne und Basili beim türkischen Imbiss und Restaurant direkt um die Ecke. Wir hatten uns gerade erst kennengelernt, es gab aber viele gemeinsame Bekannte, ähnliche Erlebnisse aus der jeweiligen Schulzeit und andere Themen, über die es sich sehr angenehm klönen ließ.

Mein Fazit: Ich denke, ich habe da was neues gefunden, das mir sehr gefällt, und bei dem ich im wahrsten Sinne des Wortes am Ball bleiben möchte.

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