Am Dienstag, den 21.10.2014, fand in Hamburg der 8. IT-Gipfel der Bundesregierung statt. Ich nahm selbst nicht dran teil, und im Nachhinein ist das auch gut so. Denn die quasi einheitliche Berichterstattung und Live-Tweets belegen mal wieder, wie sehr Neuland das Internet, IT-Dienstleistungen und die Vernetzung im Jahr 2014 für unsere Volksvertreter immer noch sind.
Bundeswirtschaftsminister Gabriel eierte bei der Frage nach der Netzneutralität dermaßen, dass man denken konnte, die Frage träfe ihn völlig unvorbereitet. Dass er dann den Strohhalm Medizintechnik fand, ist schon fast als Glückstreffer zu bezeichnen! Operation gerade so geglückt, Patient noch nicht ganz tot.
Herr Dobrindt als Verkehrs- und selbst ernannter Breitbandminister musste unbedingt ganz tief in der Mottenkiste wühlen und das arme Kind Datenautobahn mal wieder aus den 1990ern hervorzerren. Die Verknüpfung mit der tatsächlichen Autobahn, also der, auf der man mit dem Auto meist viel zu schnell fährt, war nicht witzig, sondern wirkte so abgedroschen, dass man den Eindruck gewinnen konnte, er versuchte, komisch zu sein.
Die Datenpanne bei der Live-Schaltung zur Konferenz der deutschen Maschinenbauer in Berlin, die sich durch ruckelnde Bilder und eine miese Tonqualität äußerte, waren da nur symptomatisch für das Gegurke zu nennen, was die Bundesregierung großspurig “Digitale Agenda” nennt. Aber mit Reinfällen – um nicht zu sagen Totalschäden – mit Namen Agenda haben wir in Deutschland ja leider sehr viel Erfahrung.
Ach ja und dann wurde das arme, schon tot gerittene Pferd De-Mail durch eine Zombie-Beschwörungsformel namens “Arbeitsgemeinschaft” zu neuerlichem, vermutlich ähnlich lausigem (wie bei den echten Zombies), untotem Leben erweckt. Fehlte nur noch, dass man sie jetzt auf einem Poken weitergeben soll.
Und natürlich durfte auch Frau Neuland-Kanzlerin Angela Merkel nicht fehlen, die der Netzneutralität quasi gleich mal eine Absage erteilte, indem sie sie auf die lange Bank schob, auf der sie elendig verwesen wird, wenn nicht endlich mal von außen gegengesteuert wird, also von den Verbrauchern.
Im Lichte dieser geballten Kompetenzäußerungen aus dem Hinterhaus bin ich mal wieder sehr froh, nicht für eines dieser deutschen Unternehmen zu arbeiten und meine Talente dort sinnlos zu verschwenden. Abgesehen davon, dass ich ohne “echten” Studienabschluss und trotz mittlerweile 15-jähriger Berufserfahrung sowieso von vornherein durch die Raster der zeugnisfixierten Personalabteilungen fallen würde, sähe ich doch tagtäglich das Elend des deutschen IT-Wesens noch viel dichter vor mir als ohnehin schon. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber diese Firmen sind in der Regel so nicht-deutsch in Struktur, Aufbau und Attitüde, dass es schon wieder passt.
Ein Lichtblick: Parallel zu dieser Veranstaltung fand im Vorderhaus desselben Veranstaltungsorts der Offene IT-Gipfel statt, unter anderem mit einer Initiative der Hamburger Grünen, Open-Source-Software in die Landesbehörden bringen zu wollen, um die Abhängigkeit von Microsoft zu verringern. Es ist zum Glück also nicht alles verloren im Staate Deutschland, aber es braucht eine ganze Menge Kraftanstrengung, um Deutschland wirklich zukunftsfähig zu machen. Und diese kommt meiner Meinung nach nicht aus dem Hinterhaus.