Ja, ich will meine Online-Aktivitäten in Zukunft versuchen, weitgehend ohne den Suchmaschinen-Riesen zu leben. Das hat nichts mit meinem gescheiterten Experiment “Umstieg auf Android” zu tun, sondern vielmehr damit, dass Google immer datenschutz- und privatsphärenfeindlicher wird. Jüngstes Beispiel, das bei mir das Fass zum Überlaufen brachte, war ein Vorfall aus der letzten August-Woche, bei dem Google eine App aus dem Play Store warf, die andere Apps daran hindert, Nutzer unbemerkt und ohne deren Zustimmung zu verfolgen.
Infolge dessen habe ich die letzte Woche damit verbracht, successive meine Daten und Dienste von Google weg zu Alternativen zu befördern. Besonders im Vorteil waren hier natürlich Dienste, die Datenschutz groß schreiben. Und ja, ich lasse mich das durchaus auch was kosten.
Suche
Der prominenteste Dienst ist natürlich die Suche. Die datenschutzfreundlichste Alternative ist hier definitiv DuckDuckGo. Die Zugänglichkeit der Suchergebnisse ist hervorragend, die Suchergebnisse selbst sind es inzwischen ebenfalls, und die Einbindung als Standard-Suchmaschine oben rechts im Firefox klappt auch problemlos. Das Team ist sehr hilfsbereit bei Problemen und antwortet, z. B. auf Twitter, sehr zügig. In iOS 8 und OS X Yosemite wird DuckDuckGo sogar eine weitere Suchmaschinen-Option für Safari sein.
Nächster prominenter Punkt ist ein Ersatz für den Gmail-Account. Nach einigen Experimenten bei meinem Webhoster DomainFactory (Partner-Link), die aber alle nicht zufriedenstellend waren, bin ich letztendlich und auf wärmste Empfehlung mehrerer Bekannter bei FastMail (Affiliate Link) gelandet.
Und was soll ich sagen? Außer: “Warum bin ich nicht schon längst bei denen gewesen!”? Der Service ist einfach klasse! Die Webseiten sind sehr gut zugänglich, es werden ausschließlich semantisch richtige Elemente für die Weboberfläche verwendet. Und wenn es klemmt, bekommt man schnell und kompetent Hilfe.
Neben Mails per – übrigens sehr schnellem – IMAP und SMTP und Zugriff über die Weboberfläche bietet FastMail auch lokale Kontakte, die man bisher allerdings noch nicht mit mobilen Geräten synchronisieren kann. Weiterhin gibt es einen Kalender, der mit dem CalDAV-Standard auch mit dem iPhone synchronisiert werden kann, und Webspeicherplatz für Dateien, bei dem der Zugriff per WebDAV erfolgt. Allerdings kann webDAV nicht jedes Betriebssystem von Haus aus, es muss also z. B. für Windows eine Software installiert werden, die diese Funktionalität in den Explorer nachreicht.
FastMail ist allerdings in keinem Fall kostenlos. Selbst der absolute Basistarif kostet etwas. Dafür ist der Dienst jedoch werbefrei. Ich selbst nutze eine der höheren Varianten, weil ich auch eigene Domains habe, die natürlich ihre Mails auch an FastMail geliefert bekommen sollen. Dank der einfachen DNS-Konfiguration war das Umstellen der MX-Einträge bei kein Problem, und inzwischen laufen alle vier Blog-Domains, die ich inzwischen habe, e-mail-mäßig über FastMail, und zwar in Empfangs- und Senderichtung. Denn selbstverständlich werden auch E-Mail-Aliase unterstützt. Auch Accounts für ganze Familien oder Firmen sind verfügbar, die noch mehr Einstellungsmöglichkeiten bieten als die Accounts für Einzelpersonen. Es gibt serverseitige Filterregeln, um Mails von Mailinglisten vorzusortieren und auf allen Geräten denselben Stand zu haben, und, und, und… Es gibt einen 60-tägigen Testzeitraum, also wenn ihr neugierig geworden seid, einfach mal selbst ausprobieren!
Mir persönlich tut es nicht weh, für einen vernünftigen und werbefreien E-Mail-Dienst auch was zu zahlen, der so viel bietet wie FastMail. Dass ich dafür nicht als Lieferant für Werbetreibende gebraucht werde, ist es mir wert!
Dateien in der Cloud
Hier bietet sich ein uneinheitliches Bild. Klar ist, dass ich meine Daten nicht länger in Google Drive haben werde. Allerdings ist mit der Zeit doch einiges zusammengekommen, was sich so auf diverse Dienste verteilt. Ich denke, ich werde sowohl FastMail’s WebDAV-Angebot nutzen als auch weiterhin meinen Dropbox-Account, gerade weil diesen Dienst so viele haben und die Freigaben so schön funktionieren. Eventuell wird auch Apple’s iCloud Drive interessant, wenn es jetzt im Herbst mit Erscheinen von iOS 8 und OS X Yosemite veröffentlicht und endlich zu einem vollwertigen Cloudspeicher wird. Ich habe hier wegen meines Office 365 Home Premium von Microsoft auch noch zig GB oder mehr OneDrive-Speicher zur Verfügung, nutze diesen aber eher weniger. Ob ich den im nächsten Jahr verlängere, weiß ich noch nicht. Ich nutze Word & Co. eigentlich gar nicht mehr, sondern schreibe viele Dinge in Markdown und publiziere sie dann als HTML oder epub.
Kalender, Kontakte
Da FastMail, wie oben erwähnt, zwar inzwischen das Synchronisieren von Kalendern per CalDAV unterstützt, die Synchronisierung von Kontakten per CardDAV bisher aber nicht zur Verfügung steht, ist hier noch ein anderer Dienst erforderlich. Nachdem ich zu Zeiten meines Experiments mit Android mit OwnCloud experimentiert habe, mir aber die Unstetigkeit des Webinterfaces bei Updates, was die Zugänglichkeit angeht, ganz gehörig auf die Nerven geht, werden Kontakte und Kalender vorerst über iCloud synchronisiert. Ich habe es zwar nicht geschafft, trotz zahlreicher Anleitungen die iCloud-Kontakte auch in Thunderbird einzubinden; da die sich aber eh nicht oft ändern, synchronisieren diese im Moment lediglich zwischen den i-Geräten und dem Mac, wenn er denn mal wieder läuft. Wenn denn mal ein Update in einem Kontakt erfolgt, trage ich diesen in Thunderbird von Hand nach.
Außerdem bietet iCloud ja noch weitere spannende Fähigkeiten für Besitzer von i-Geräten, auf die ich definitiv nicht verzichten möchte, gerade wenn es jetzt auf iOS 8 zugeht.
Fazit
Ein Leben ohne Google ist möglich und auch nicht sinnlos! Mit einigen wenigen Handgriffen kann man sich vieler Dienste des Suchmaschinen-Riesen entledigen und Alternativen finden, die mindestens genauso gut funktionieren. Andere, bisher nicht erwähnte, Dienste wie Maps nutze ich eh nicht, sondern das, was Apple Karten und BlindSquare benutzen, so dass hier schon von vornherein mit Ersatz gearbeitet wurde bzw. gar keiner gesucht werden musste. Zusammenarbeit bei Dokumenten brauche ich, wenn überhaupt, dann nur im beruflichen Umfeld, und da gibt es einen Google-Account, der ausschließlich dafür da ist und sonst nichts anderes tut. Aber für meinen privaten Gebrauch werde ich Google-Dienste in Zukunft nicht mehr nutzen. Klar wird die Mail-Adresse noch eine Weile bestehen bleiben, damit auflaufende Mail nicht zurückgeschickt wird, aber der Account wird früher oder später geschlossen, also aktualisiert lieber schnell eure Adressbücher! Meine neue E-Mail-Adresse gibt’s im Impressum.